Wie sieht das Museum der Zukunft aus? – dieser Frage widmet sich das NRW-Forum Düsseldorf seit wenigen Tagen mit seinem neusten Projekt: dem wwwforum. Als Metaverse Museum ab dem 30. März 2023 für jede*n geöffnet, zeigt es in seiner ersten Ausstellung Come out and dance Werke von AI-Artist & Architect Christian Mio Loclair.
Neue Perspektiven
Ein Rückblick ins Frühjahr 2020. Der Beginn der Pandemie liegt wenige Wochen zurück. Isoliert in den eigenen vier Wänden beginnt für viele Menschen die Suche nach neuen Räumen der Begegnung. So auch für Christian Mio Loclair, der Ende 2019 gemeinsam mit einem Team aus Kreativen die weltweit erste KI-designte Skulptur finalisiert hatte. Endlich bereit, das Werk der Öffentlichkeit zu präsentieren, stellten sich angesichts geschlossener Museen jedoch zwei zentrale Fragen: Wo – und vor allem wie – sollte das geschehen?
„Im Netz gibt es wenige wirklich wertvolle Räume.“ erzählt Loclair im Interview. „Über die meisten Inhalte scrollen wir einfach hinweg, verteilen hier und da ein paar Likes, aber wirklich zum Anhalten bewegt uns kaum etwas. Mit der Fertigstellung von Helin wurde mir klar, dass wir Orte brauchten, um uns virtuell zu begegnen und gemeinsam Kunst zu erleben. Räume, die Austausch anregen.“ Deshalb beschließt Loclair mit seinem guten Freund und kreativen Partner Thomas Johann Lorenz, ein virtuelles Museum zu bauen.
Die beiden sind erfolgreich und ihre Idee setzt sich durch. Heute führen sie mit Journee ein Unternehmen, das Menschen über digitale Orte im Metaverse zusammenbringt und neue Erlebnisse kreiert. Ihr neustes Projekt: die Erweiterung des Düsseldorfer NRW-Forums in die virtuelle Welt.
„Wir hatten für das wwwforum den Anspruch, mehr als das virtuelle Abbild eines analogen Ortes zu kreieren. Das digitale Museumserlebnis soll Besucher*innen zur Exploration anregen und sie auf neue Art mit Kunst in Austausch bringen. Um gleichzeitig Wiedererkennbarkeit zu schaffen haben wir viele Details eingebaut, die auf das NRW-Forum und seine Umgebung Bezug nehmen: der Rhein, das ikonische düsseldorfer Fortuna Büdchen und sogar ein Kö-Papagei sind auf diese Weise Teil des virtuellen Szenarios geworden.“ so Loclair. Alina Fuchte vom NRW-Forum unterstreicht die gemeinsame Vision: „Forum heißt soviel wie Ort des Austauschs und der Zusammenkunft – dieser Bedeutung gerecht zu werden, ist uns sehr wichtig und daher auch der Anspruch an die digitale Dependance unserer Institution. Das wwwforum ist für uns ein weiterer Schritt zum hybriden Museum.“
Viele Wege führen ins Metaverse
Angeregt durch die Restriktionen der globalen Pandemie entstanden in den letzten Jahren zahlreiche Metaverse Museen und Galerien. Eines der Ersten war das Musee Dezentral. Erbaut vom Berliner Startup RAVE.SPACE ist es ausschließlich virtuell verfügbar und spezialisiert auf NFT-Kunst. Auch der Pariser Louvre experimentiert mit Virtual Reality und machte eines seiner berühmtesten Werke über das Projekt Mona Lisa: Beyond the Glass auf neue Weise zugänglich. Ein Metaverse Museum, das allerdings nicht als Abbild oder partielle Ergänzung, sondern als Erweiterung einer etablierten Institution fungiert, sucht in der internatinonalen Museumslandschaft seinesgleichen.
Schon in unseren Interview im vergangenen Jahr sprach Alina Fuchte darüber, dass das NRW-Forum dabei sei, ins Metaverse zu expandieren. Beim Blick auf die letzten Projekte des Hauses, sollte dieser Schritt nicht verwundern. So veranstaltete das düsseldorfer Museum bereits 2021 die weltweit erste AR Biennale (AR = Augmented Reality), in der es virtuelle Skulpturen von 19 internationalen Künstler*innen über Smartphone oder Tablet im Ehrenhof und Hofgarten erlebbar machte. Vom 14. Mai – 29. Oktober 2023 ist die zweite Ausgabe des Formats unter dem Titel Hybrid Nature geplant.
Wie Augmented Reality analoge Museumserlebnisse erweitern kann, zeigt auch der Künstler Manuel Rossner, der 2022 die Galerie New Float neben der neuen Nationalgalerie in Berlin eröffnete. Bekannt dafür, die analoge und die virtuelle Welt mit seinen Werken zu vermischen, baut Rossner interaktive Architektur mit digitalen Materialien, greift räumlich in seine Umgebung ein und erweitert sie virtuell.
New Float
Manuel Rossner
Berlin Berlin
Manuel Rossner
Ob in hybrider Form durch eine Erweiterung der analogen Realität oder vollständig digital im Metaverse Museum – neue Techniken ermöglichen neues Ausstellen und Erleben von Kunst. Genau diese Optionenvielfalt heute zu explorieren, ist nach Mio Loclair die Aufgabe moderner Museen, denn immer mehr Künstler*innen arbeiten digital und möchten ihre Werke einem kunstinteressierten Publikum zugänglich machen. „Das wwwforum ist ein Experiment, das sich immer weiter entwickeln und die Grenzen zwischen Kurator*in, Besucher*in und Künstler*in verschwimmen lassen soll.“ beteuert auch Alina Fuchte.
Open Calls
Der Eintritt zum wwwforum ist kostenlos. Das Metaverse Museum ist mobil oder über Desktop zugänglich, VR–Glasses oder ähnliche Devices sind nicht nötig. „Heute sind 80-90 Prozent der User*innen über mobile Endgeräte im Netz unterwegs,“ so Loclair „da wäre es vollkommen an der Lebenswirklichkeit vorbei, wenn wir das wwwforum ausschließlich zur VR-Erfahrung gemacht hätten.“
Seit dem 30. März ist das NRW-Forum mit seiner digitalen Dependance im Metaverse vertreten. Die erste Ausstellung Come out and dance von Mio Loclair ist bis zum 14.05 geöffnet. Die nächsten Residencies sind bereits ausgeschrieben.
Über die digitale Community-Plattform nextmuseum.io, die Schwarmkuration und Co-Kreation von kollaborativen Ausstellungsprojekten ermöglicht, können sich Künstler*innen vom 30.03 – 30.04 für die nächsten Virtual Residencies im wwwforum bewerben. Bei der Auswahl wird auf die Partizipation der Community von nextmuseum.io gesetzt, die – voraussichtlich in Form eines Votings – mitbestimmen kann, welche Künstler*innen auf Mio Loclair folgen werden.
Gemeinsam im Metaversum
Frühjahr 2023. Auch drei Jahre nach dem ersten Lockdown ist die Idee des virtuellen Museums nicht vergessen. Damals an die Suche nach neuen Räumen der Begegnung gebunden, verheißt es heute das Versprechen eines neuen Erlebens von Kunst und Realität. Wie das aussehen wird, dürfen wir in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren als Nutzer*innen selbst mit gestalten. Deshalb: Come out and dance!