Noch vor wenigen Tagen hätte ich kaum sagen können, ob ich wirklich etwas vermisste. Kurz nachdem die Angst – ja eigentlich eher die Panik – angesichts der neuen Situation abgeklungen war, hatte ich mich mit der neuen Normalität arrangiert. Ich konnte weiterhin meine engsten Familienmitglieder sehen, durfte spazieren gehen und einkaufen und aus dem Homeoffice zu arbeiten, war für mich sowieso alles andere als eine Qual.
Ich verbrachte meine Tage mit Yoga, Büchern und YouTube und zelebrierte „the introvert life“ wie es meine spanische Lieblingskollegin wohl genannt hätte. Doch als ich vor Kurzem durch die Stadt fuhr – vorbei an den leeren Ladenlokalen und Bürgersteigen – begann ich, die Welt der schier endlosen Möglichkeiten, die ich erst einige Wochen zuvor verlassen hatte, zu vermissen.
Ob sich die Welt weiterhin drehte?
Von nun an war nichts wie zuvor. Der Kaffee am Morgen verlor seine Magie. Jogginghose und Hoodie offenbarten die Formlosigkeit des neuen Alltags und in Gedanken kombinierte ich Outfits für imaginäre Café-Besuche, die mir vergewissern würden, dass die Welt um mich herum sich weiterhin drehte.
Wie so oft, fand ich Zuflucht in Büchern und Serien. Die bekannten Geschichten wurden Anker meiner Erinnerung, Mitfahrgelegenheit in die Vergangenheit, Möglichkeit, die Gegenwart rechts zu überholen. Und auf verquere Weise drehte sich die Welt weiter – trotz oder vielleicht gerade wegen jener Sehnsucht, die meine Gedanken dann und wann durch die Zeit bewegte, als wäre das Jetzt nie gewesen.