Fühlst Du Dich als Europäer*in? Wer diese Frage in den Raum stellt, erntet nicht selten konfuse Blicke und ausweichende Antworten. Wie sich das denn anfühlen solle oder ob das überhaupt eine Rolle spiele, kommt dann häufig als Antwort. Gerade in Deutschland keine ungewöhnlichen Reaktionen. Doch die Frage bleibt: Wie fühlt sich Europa an?
Das europäische Projekt
Das europäische Projekt fußt auf verschiedenen Überzeugungen – allen voran Freiheit, Demokratie sowie die Anerkennung von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit. Wie gut diese Grundsätze Durchsetzung in der Europapolitik finden, steht inner- wie außerhalb der Staatengemeinschaft zurecht immer wieder zur Debatte. Folgt man diesen primär medialen Aushandlungen sind es typischerweise Politiker*innen und Gesetzgebungen, die unserem Erleben und unserer Vorstellung von Europa Form geben. Doch wie blicken wir als europäische Bürger*innen auf den Kontinent und die ihm zu Grunde liegende Idee?
Bei der Recherche entdecke ich den Begriff der vorgestellten Gemeinschaft oder auch imagined community von Benedikt Anderson. Der amerikanische Politikwissenschaftler war überzeugt, dass Nationen von Gemeinschaften konstruiert werden und erst aus dieser geteilten Wahrnehmung der Gruppe Wirklichkeit hervorgeht. Folgt man seinem Ansatz, liegt es in der Hand der Einzelnen, die Imagination von Europa fortwährend weiter zu entwickeln und von der Idee in die Wirklichkeit zu tragen.
Visionen von Gemeinschaft
Wenn wir in wenigen Tagen das Europaparlament wählen, nehmen wir als Bürger*innen die Pflicht und das Privileg wahr, uns aktiv am (politischen) Geschehen zu beteiligen. Neben unserer Stimme haben wir aber noch andere Möglichkeiten, um auszudrücken, wie die Welt aussehen soll, in der wir leben möchten.
Kunst ist für mich eine dieser Möglichkeiten. Durch sie können wir Ideen aushandeln, Imaginationen erproben und Menschen dazu anzuregen, Perspektiven auf die von ihnen erlebte Wirklichkeit zu reflektieren. Wir können eigene Imaginationen erschaffen, sie mit anderen teilen und in der gemeinsamen Aushandlung und dem fortwährenden Wandel eine Idee in eine Lebenswirklichkeit verwandeln.
Beyond Borders: Europe from different Perspectives ist diesem Gedanken entsprungen. Stellvertretend für die vhs Aachen hat Evangelos Rodoulis eine Ausstellung konzipiert, die unterschiedliche Perspektiven auf die Idee und den Kontinent Europa versammelt. Dabei bringt er die Bilder von vier Künstler*innen und Fotograf*innen zusammen, deren Sichtweise die Besucher*innen der vhs ab dem 7. Juni einnehmen dürfen.
Beyond the Borders: Europe from different Perspectives
Es scheint mir kaum verwunderlich, dass die Frage danach, ob man sich als Europäer*in fühle, allzu häufig mit einem stillen Schulterzucken beantwortet wird. Denn wo soll dieses Gefühl herkommen, wenn es abseits des politischen Diskurses nur wenige Momente und Ereignisse gibt, in denen man ein Gefühl für Europa entwickeln kann.
Kunst, Begegnungen und gemeinsames Erleben treten allzu rationalen Herangehensweisen entgegen und bieten Möglichkeiten, Gemeinschaft zu imaginieren und zu erleben. Beyond Borders: Europe from different Perspectives ist eine dieser Möglichkeiten. Und ich fühle mich geehrt, dass auch einige meiner Blicke ab dem 7. Juni in Aachen vertreten sein werden.
Beyond the Borders: Europe from different Perspectives – mit Fotografien von Alina Gross, Evangelos Rodoulis, Larissa Lenze und Sami Falk Taha.
Ausstellungseröffnung
Die Eröffnung der Ausstellung findet am Freitag, 7. Juni, ab 17 Uhr im Foyer der vhs Aachen statt. Die Teilnahme ist kostenfrei.
Dauer und Öffnungszeiten
Die Ausstellung ist vom 7. Juni bis zum 9. September in der vhs Aachen (Foyer in der 2. Etage) zu sehen. Die Bilder können während der Öffnungszeiten der Volkshochschule kostenfrei angeschaut werden.