Das Leben als Designprojekt

Tim Rodenbröker Creative Coding Titel

Ein Gespräch über Kreativität mit Grafikdesigner und Creative Coding Experte Tim Rodenbröker.

Wie so häufig in den letzten Wochen stehe ich vor der Paderborner Stadtbibliothek. Der zweimalige Glockenschlag des Doms verrät mir, dass sich in wenigen Sekunden die Türen vor mir öffnen werden. Ich bleibe trotzdem draußen und warte auf Tim Rodenbröker.

Es ist nicht das erste Mal, dass wir uns hier treffen. Viele Male haben Tim und ich in den vergangenen Wochen gemeinsam in der Stadtbibliothek gesessen, über unsere Projekte gesprochen und uns gegenseitig unterstützt. Doch heute habe ich ihn aus einem anderen Grund hergebeten.

Tim ist einer der kreativsten Menschen, die ich kenne: einer von denen, die nicht in einer Disziplin exzellent sind, sondern immer wieder neue Felder für sich entdecken. Und aus jedem scheint irgendetwas neues zu entstehen. So hat Tim bereits in verschiedenen Bands gespielt, ein Kollektiv für elektronische Musik mitbegründet, als Grafikdesigner gearbeitet und darüber hinaus noch eine eigene Lernplattform für Creative Coding aufgebaut. Was Tim ausmacht: sobald er sich für etwas begeistert, sucht er sich Gleichgesinnte – online wie offline – mit denen er gemeinsam lernen und experimentieren kann.

Tim Rodenbroeker Creative Coding Experte

Mit wem könnte man sich also besser über das Thema Kreativität austauschen, als mit Tim?! In unserem Interview versuche ich dem Ursprung seiner Kreativität auf die Spur zu kommen. Ich spreche mit ihm über Design und Philosophie, über Minimalismus und Low-Tech, über das Aufbrechen und das Zurückkehren und natürlich darüber, wie all diese Dinge seine Kreativität immer wieder beflügeln.

Lieber Tim, erstmal danke, dass Du Dir Zeit genommen hast, für ein Interview! Kreativität ist heutzutage ja ein fast inflationär verwendeter Begriff, unter dem nicht jeder das gleiche versteht. Vielleicht schaffen wir an dieser Stelle als erstes eine gemeinsame Basis. Was bedeutet es für Dich, kreativ zu sein?

Sehr gerne! Ich freu mich sehr heute über eines meines liebsten Themen sprechen zu dürfen.

Ich betrachte den Begriff Kreativität im Vergleich zu vielen anderen Menschen eher holistisch, als eine Art Lebenskunst. Das klingt vielleicht etwas komisch, aber im Grunde sehe ich mein Leben als Gestaltungsprojekt. Ich finde Begriffe wie “die Kreativindustrie” absolut bescheuert. Viele Menschen und Institutionen kapern den Begriff, um sich selbst in Szene zu setzen. Darüber muss ich oft schmunzeln, denn meist wird die kreative Energie auf einen winzigen Bereich verengt: Eine Leinwand, eine Akkordfolge oder eine Strophe in einem Gedicht. Kreativität ist überall zu finden und kann auch überall angewendet werden, wenn man das möchte.

Gibt es Momente oder Situationen, in denen Du Dich besonders kreativ fühlst?

Ich glaube kreativ zu sein ist ein Zustand, den jeder für sich kultivieren kann. Ich habe mein Leben mehr oder weniger bewusst so gestaltet, dass ich kreativ sein muss. Kreativität ist im Grunde ein permanenter Zustand geworden.

Grundsätzlich empfinde ich mich meist dann am kreativsten, wenn ich mich mit gegensätzlichen Themen auseinandersetze. Aktuell beschäftigt mich beispielsweise Computational Creativity. Parallel lese ich viel über philosophische Strömungen der Antike. Auf den ersten Blick haben die Themen nichts miteinander zu tun. Doch je länger ich sie parallel verfolge, umso mehr Verknüpfungen werden mir bewusst.

Tim Rodenbröker Computational Creativity

Wie erreichst Du Flow-Zustände?

Flow-Erleben ist in meiner Arbeit momentan eher eine Seltenheit. Ich betreibe und erweitere seit einigen Jahren eine Lernplattform für Creative Coding. Die dabei anfallenden Aufgaben verlangen oft eher Multitasking statt strengem Fokus und gerichtete Aufmerksamkeit ist für mich die Grundlage von Flow-Erfahrungen. Allerdings ermögliche ich sie durch meine Arbeit anderen, denn Creative Coding ist definitiv ein Schlüssel zum Erleben von Flow-Zuständen.

Im Privaten komme ich dafür immer häufiger in den Flow – vor allem beim Schreiben. In den letzten Jahren habe ich Text als Medium für mich entdeckt. Wenn ich meine eigenen Gedanken in ein Journal notiere oder fremde Gedanken aus Büchern in meinem Kopf wirken lasse, erlebe ich Flow-Zustände.

Was sind typische kreative Disziplinen in denen Du Dich ausprobiert hast und in denen Du auch gut geworden bist?

Ich habe viel mit Musik gearbeitet und würde sagen, dass ich hier schon in gewisser Weise gut geworden bin. Dann natürlich Design – das liegt mir sozusagen im Blut – weil schon mein Vater Designer war. Und schließlich Coding, das ich heute mit den anderen beiden Disziplinen verbinden kann. Ich würde hier aber auch Philosophie und Lebensgestaltung mit einschließen.

Wie bist Du denn zur Musik gekommen?

Ich war eigentlich immer an Musik interessiert – schon als Kind. Ich habe mit Keyboard begonnen, wollte aber unbedingt Schlagzeug spielen. Als ich elf Jahre alt war, haben meine Eltern mir tatsächlich eins gekauft. Kurze Zeit später habe ich einen alten Freund aus der Grundschule wiedergetroffen. Er erzählte mir, dass er eine Band hätte, die gerade einen Schlagzeuger suchte und ich war direkt dabei.

Mit etwa 15 Jahren habe ich dann elektronische Musik entdeckt. Für mich war das erstmal ganz neu. Es gab nicht mehr die komplexen Abstimmungsprozesse, die oft die Kreativität in der Band ausgebremst haben. Ich konnte einfach machen was ich wollte und das fand ich damals absolut genial! Ich begann zu komponieren und selbst Ideen zu entwickeln und blieb dem Thema knapp 20 Jahre treu.

Durch Musik, Design und Coding hast Du viele Kanäle, über die Kreativität bei Dir fließen kann. Gibt es Momente, die Dich zum Coden inspirieren und andere, die Dich eher zur Musik lenken?

Ich glaube bei mir gibt es immer Phasen. Gerade bin ich 38. Vor einigen Jahren hatte ich ganz plötzlich keine Lust mehr auf Musik, wollte sie weder machen, noch hören. Ich konnte das gar nicht kontrollieren, das Interesse war einfach weg. Dadurch habe ich Freiräume geschaffen für neue Themen. Andere Sachen rückten in den Fokus und plötzlich interessierten mich Philosophie, Creative Coding und Didaktik. In der letzten Zeit ist außerdem das Schreiben dazugekommen.

Natürlich ist die Musik dabei nie ganz verschwunden. Ich glaube, ich bin einfach Generalist. Meine einzelnen Interessen kommen und gehen in Phasen, fließen am Ende aber immer irgendwie zusammen.

Also würdest Du nicht sagen, dass es Dinge gibt, die Du nur über Musik, nur durch Code oder nur mit Sprache ausdrücken kannst?

Doch. Ich würde sagen, dass ich mit jeder Disziplin etwas anderes ausdrücke. Gefühle fließen bei mir am besten in Musik, Systeme und visuelle Ideen entstehen oft durch Creative Coding. Und Gedanken fließen bei mir zuerst in Texte.

Ist Creative Coding an dieser Stelle für Dich wie Malerei, nur dass Du statt einem Pinsel eine Tastatur hast?

Nicht ganz. Mit Malerei kannst Du Deinen Gefühlen viel konkreter Form geben. Beim Creative Coding baut man ein System, das von sich aus wieder neue Ideen erzeugt. Am Anfang geht es hier viel um Überraschung und Zufall. Und je besser man wird, desto mehr kann man seine Ergebnisse formen und lenken.

Für mich hat Creative Coding ganz viel mit der Frage zu tun, wie wir als Menschen in Zukunft mit Technologie umgehen. Creative Coding gibt mir die Möglichkeit, Arbeiten zu entwickeln, die Fragen aufwerfen. Ich nehme neue Perspektiven ein und entdecke Zusammenhänge, die vorher für mich nicht sichtbar waren. Die kreative Praxis schafft ein Bewusstsein dafür, wie präsent Code, Daten und Software eigentlich in unserem Alltag sind.

Würdest Du sagen Creative Coding passiert dann eher konzeptionell und Musik eher intuitiv?

Ich würde fast sagen Creative Coding ist eher philosophisch als konzeptionell. Natürlich kann ich damit auch super konkrete Dinge machen, aber die ersten Jahre des Lernens hatten für mich etwas sehr philosophisches. Das war für mich eine dieser unerwarteten Verbindungen, von denen ich bereits gesprochen habe: die Philosophie trifft auf das Programmieren, die Disziplinen scheinen auf einmal gar nicht so weit voneinander entfernt und ihr Zusammenwirken ist der Ursprung neuer Gedanken und Ideen.

Was hat dich dazu bewegt, Design zu studieren?

Design zu studieren war für mich in erster Linie eine biographische Entscheidung. Mein Vater hatte in den 90ern eine erfolgreiche Designagentur. Dadurch bin ich sozusagen mit dem Beruf aufgewachsen.

Es gibt Menschen, die behaupten Design sei ein reines Verkaufsinstrument. Diese Sichtweise ist für mich sehr verkürzt. Sie reduziert Design auf einen einzelnen Aspekt. Dabei geht es für mich weit über die reine Problemlösung für einen Kunden hinaus. Mein Vater war hier sicherlich ein Vorbild für mich. Wie ich heute hat auch er Design stets holistisch begriffen. Deshalb war seine Arbeit von vielen Einflüssen geprägt. Neben dem Design und dem eigenen Unternehmen hat er beispielsweise immer gemalt.

Design ist im Grunde ein Methodenkoffer an Denkweisen. Das sind Prozesse, die im Kopf ablaufen: Problemlösungsprozesse oder Verknüpfunsprozesse, die zu neuen Perspektiven und Lösungen führen können. Diese Lösungen können sicherlich Produkte sein, aber genauso alles andere.

Tim Rodenbroeker Design und Creative Coding Experte



Gibt es Dinge, die Dir am Beruf des Designers besonders gut gefallen und andere, die du überhaupt nicht magst?

Gerade die holistische Perspektive auf das Thema Kreativität kommt mir im Desginberuf und auch in der Ausbildung häufig zu kurz. Die Hochschule ist in meinen Augen einer der wenigen Räume, in denen (angehende) Designerinnen ihre Kreativität noch auf Ideen und Projekte richten können, die nichts mit Geld zu tun haben. Diese Freiheit erscheint mir wichtig, denn sie lädt regelrecht dazu ein, den Blick zu weiten und auch mal schweifen zu lassen. Als ich meinen Abschluss gemacht habe, schien das Interesse an Themen abseits der kommerziellen Nutzbarmachung des Erlernten leider noch sehr gering. Heute erlebe ich das zum Glück anders und ich bin wahnsinnig froh, dass meine Studierenden Lust darauf haben, Design weit über den Dienstleistungssektor hinaus zu denken.

Die zu starke Ausrichtung der Designausbildung auf den aktuellen Bedarf in der Wirtschaft hat mich in meinem Bachelorstudium ziemlich genervt. Auf diese Weise interpretiert und gelebt, scheint mir der Designer nicht viel mehr als ein Zulieferer und langfristig – beispielsweise gegen künstliche Intelligenz – austauschbar. Natürlich kann und sollte jeder den Beruf so begreifen und leben, wie er möchte. Ich versuche hier halt einfach, etwas weiter zu denken.

Deswegen hast Du Dir auch einen eigenen Beruf geschaffen könnte man sagen oder?

Genau. Eigentlich arbeite ich nicht mehr als typischer Designer. Ich bin Creative Technologist, Creative Coder, Grafikdesigner, Unternehmer, Educator und Schreibender. Irgendwie von allem ein bisschen. Und mit dieser bunten Mischung bewege ich mich in der Designwelt. Und da fühle ich mich sehr wohl.

Was treibt Dich an? Was hält Dich in Bewegung? Woher kommt dieser Drive, immer wieder etwas Neues zu kreieren?

Es gab relativ viele Momente in meinem Leben, in denen ich angesichts der Komplexität und der Herausforderungen in der Welt ziemlich verzweifelt war. In diesen Momenten habe ich nach Lösungen gesucht. Habe mich gefragt, was ich tun kann, was ich aus meinem Leben machen soll und vor allem, wo ich Sinn finden kann. Die Sinnfrage stellte sich bei mir erstmals im Alter von 17 Jahren und zieht sich seitdem durch alle meine Entscheidungen. Deswegen ist es dieser Wunsch etwas Sinnvolles zu tun, der mich immer wieder antreibt.

Während meines Studiums hatte ich eine tiefe Krise und musste ein Semester pausieren. Ich habe damals an meiner Berufswahl gezweifelt und sah mich als Designstudierender zwangsläufig irgendwann in einem Agenturjob. Das war für mich undenkbar und fühlte sich absolut sinnlos an. In dieser Zeit habe ich durch Zufall eine sehr gläubige Frau getroffen und mit ihr spontan über meine Gefühle gesprochen. Sie fragte mich, was ich stattdessen werden wollte. Meine spontane Antwort was “Kunstpädagoge”. Das hatte ich vorher noch nie so ausgesprochen. Ab diesem Zeitpunkt steuerte ich in eine andere Richtung. Heute ist die Arbeiten mit Menschen der größte Antrieb für mich. Sie auf meine ganz eigene Art und Weise mit Kreativität in Verbindung zu bringen macht mich unheimlich zufrieden.

Also möchtest Du die Erfahrungen, die Du durch Creative Coding gemacht hast, auch anderen ermöglichen?

Genau richtig! Ich möchte mit meiner Arbeit anderen Werkzeuge an die Hand geben, um die komplexe Welt da draußen vielleicht ein bisschen besser zu verstehen und sie dazu anregen sich selbst und ganz bewusst ein Bild von ihr zu machen. Deswegen hatte meine Masterarbeit auch den Titel Creative Coding als Schule des Denkens. Es geht mir darum, über Programmieren den Kopf anzuschalten, anstatt nur Grafiken durch Code zu erzeugen.

Sinnhaftigkeit sehe ich außerdem darin, meine Community untereinander zu verknüpfen. Ich liebe es mit Menschen zu arbeiten, mit ihnen in den Austausch zu treten und gemeinsam zu gestalten.

Du würdest Dich selbst ja als Minimalist bezeichnen oder?

Schon.

Wie lebst Du Minimalismus?

Ich hinterfrage gerne die Paradigmen, wie man leben muss. Ich habe kein Auto, fahre ein altes Fahrrad, wohne mit 38 Jahren in einer Wohngemeinschaft und habe überhaupt wenig Besitz. Dafür habe ich viel Zeit. Ich kann mich viel mit mir beschäftigen und an meinen Ideen und Themen arbeiten. Ich bin sehr flexibel und versuche wenig zu konsumieren. Andere Menschen sind da noch viel strenger unterwegs, aber das ist meine Form des Minimalismus. Ich reise gerne mit leichtem Gepäck.

In wenigen Wochen ziehst Du für unbestimmte Zeit von Paderborn nach Barcelona. Ob Orte, Dinge, Ideen oder Hobbys wie die Musik – wie hast Du gelernt loszulassen?

Ich glaube das habe ich immer schon ein bisschen in mir gehabt.

Als das Unternehmen meines Vater sehr erfolgreich war, wollte er unbedingt größer werden. Die Agentur wuchs in kurzer Zeit auf 30 Mitarbeitende an und hatte drei Büros: eins in Berlin, eins in Magdeburg und eins in Paderborn. Das Ganze war ein unheimlicher Stress. Und dann brach alles zusammen, weil der größte Kunde absprang. Was dann passierte, war eine absolute Katastrophe.

In dieser Situation habe ich gelernt, dass viel zu besitzen auch bedeutet viel verlieren zu können. Meine ganze Familie ist durch dieses Ereignis in die Krise gerutscht. Wir mussten unser Haus verkaufen und all die Dinge, an die wir uns gewöhnt hatten. In dieser Zeit habe ich gelernt, dass man sicherer lebt, wenn man weniger hat.

Mit knapp 18 Jahren habe ich begonnen Fahrradreisen zu machen. Bin erst nach Amsterdam und das Jahr darauf schon nach Paris gefahren. Bis heute mache ich immer wieder Fahrradreisen. Letztes Jahr beispielsweise über die Alpen. Auf solche Reisen kann man etwas überspitzt ausgedrückt nicht viel mehr mitnehmen außer ein Zelt, ein paar Unterhosen und ein T-Shirt. Außerdem ist man nicht so vernetzt, kann sich für kurze Zeit von der Welt entkoppeln. Auch das kann Minimalismus sein. Auch digitale Abhängigkeiten und Gewohnheiten lohnt es zu hinterfragen.

Tim Rodenbröker Fahrradreisen


Tim Rodenbröker Creative Coding on Tour

Spannend! Was bei Dir ein Freiheits- oder Sicherheitsgefühl erzeugt, würde für viele andere wahrscheinlich absolute Unsicherheit bedeuten. Wie beeinflusst denn dieses Interesse an Minimalismus und die Art, wie Du das auslebst Deine Kreativität?

Meine ganze Kreativität – vor allem in meiner Arbeit – basiert auf einem Gedankenmodell, das ich während meines Studiums entwickelt habe: dem Magic Triangle. Das ist im Grunde genommen eine Technik, wo man vier strenge Parameter festlegt – also Konstanten, die nie verändert werden dürfen. Diese Konstanten sind die Rahmen einer Ideenlandschaft. Damit arbeite ich ganz ganz viel.

Tim Rodenbröker Design Principle

Beispielsweise habe ich während meines Studiums 2011 mal ein Projekt begonnen – einfach ganz frei, weil ich Lust drauf hatte – bei dem ich gesagt habe: ok, es gibt drei Regeln. Ich habe das Tool Inge genannt, denn es ist inspiriert von der induktiven Gestaltung. Induktive Gestaltung habe ich von meinem Professor Lothar Schöneck gelernt, bei dem ich lange gearbeitet habe. Es geht im Grunde darum, dass man vom Kleinen zum Großen geht. Du hast beispielsweise einen winzigen Ausgangspunkt oder eine starke Einschränkung aufgrund eines engen Regelwerks. Und dann gehst Du von da aus los und schaust, was man daraus entwickeln kann. Im deduktives Gestalten hat man im Gegensatz dazu ein klar definiertes Ziel auf das man hin arbeitet.

Das schöne ist: Ich bin sehr gut darin, mir Grenzen zu setzen und Regeln aufzuerlegen, die ich nicht breche und dann auch jahrelang. Das Magic Triangle benutze ich heute ebenfalls in meiner Lehre, bei der Entwicklung meiner Plattform, ihrer Philosophie, meiner Kurse, der Ästhetik der Kurse – alles ist von der Idee der Einschränkung geprägt. Das ist auch eine Form von Minimalismus.

Ich bin außerdem sehr geprägt vom Lowtech-Gedanken und benutze bewusst nicht die neusten Technologien. Stattdessen überlege ich, wie ich etwas so stabil bauen kann, dass es möglichst lange Bestand hat.

Kreativität entsteht bei Dir also u.a. dadurch, dass Du Dich einschränkst, Dir Regeln setzt und Dich eben nicht dem scheinbar unendlichen Raum an Möglichkeiten aussetzt.

So ist es. Diese Art zu arbeiten hat drei ganz große Vorteile. Sobald Du nicht mehr in diesem riesigen Ideenraum schwebst, indem eigentlich alles möglich ist, kannst Du Kreativität viel effektiver einsetzen.

Wenn Du nach einem Regelwerk arbeitest, erhalten Deine Ergebnisse automatisch einen Wiedererkennungswert. Wenn ich beispielsweise im Design unterwegs bin und sage, ich arbeite nur mit Schwarz, Weiß und Rot, Kreis, Quadrat und Dreieck und benutze immer Microsoft Exel für meine Layouts, dann kommt dabei am Ende eine Ästhetik raus, die auf jeden Fall wiedererkannt wird.

Beschränkung ist unfassbar gut, um Dinge zu lernen und zu verinnerlichen. Wir sind alle umzingelt von Möglichkeiten und permanent in diesem FOMO Modus. Als Designerin befindet man sich zwischen all diesen Buzzwords: AI, Blockchain, NFTs, React, Frontend Development, Backend Development, Datenbanken, Designsoftware, InDesign, Aftereffects, Canva usw. – und man weiß, dass es nicht möglich ist, all diese Dinge zu beherrschen. Als Reaktion springen Menschen dann häufig von einem Thema zum nächsten, sind unglaublich gestresst und kommen nicht wirklich auf einen grünen Zweig. Die Konzentration auf ein Thema, auf einen festen Raum, ist eine unglaubliche Befreiung aus diesem Stresskreislauf.

Außerdem ist diese Art zu denken und zu arbeiten eine Art Persönlichkeitsschule. Du lernst, Dir selbst Regeln zu setzen und proaktiv zu sein. Du machst etwas also nicht, weil ein Kunde Dir das gesagt hat, sondern weil Du es für wichtig hältst. Auf diese Weise lernt man Disziplin, sich selbst zu motivieren und auch dranzubleiben. Also ich glaube da kann man sich ganz viele Charaktereigenschaften erarbeiten, die gerade in der heutigen Zeit enorm wertvoll sind.

Kannst Du Eigenschaften nennen, die bei Dir durch diese Reglementierung entstanden sind?

Proaktivität ist für mich eine der wichtigsten. Es gibt im Grunde zwei Arten zu arbeiten: reaktiv – das machen ungefähr 99% der Menschen – die möchten, dass man ihnen sagt, was sie tun sollen – und proaktiv – hier möchten Menschen selbst entscheiden, was sie tun und bauen einen Plan, den sie abarbeiten können, um ihre eigenen Ziele zu erreichen.

Als jemand, dem Selbstverwirklichung sehr wichtig ist, ist das für mich eine der wichtigsten Fähigkeiten, die man entwickeln kann, um seinen eigenen Zielen näher zu kommen.

Wie hängt für Dich das Reisen an sich denn mit dem Thema Kreativität zusammen?

Ich war schon häufig mit dem Fahrrad unterwegs, aber bin sicherlich kein Vielreisender. Ich bin auch gerne mal eine Zeit lang zu Hause. In den letzten Jahren habe ich es sehr genossen, mich auf mein engstes Umfeld hier in Paderborn zu konzentrieren. Ich habe sehr viel gearbeitet, brauchte Zeit um Dinge zu entwickeln und in mich zu gehen. Zu Hause zu sein in einer Stadt, die viele als uncool ansehen, finde ich gerade spannend. Auch an leisen Orten das aufregende und inspirierende zu entdecken anstatt in großen Städten von Input zu Input zu ziehen und dazwischen fast sich selbst zu vergessen. Aber die Lust zu reisen ist aktuell wieder riesig groß bei mir. Ich sehne mich nach neuem Input, nach neuen Kontakten. Deshalb ziehe ich gerade auch nach Barcelona.

Tim Rodenbröker Creative Coding Experiment Movement

Du sprichst auch hier eine Form von Minimalismus an, die man beispielsweise in Paderborn leben kann, in Berlin wahrscheinlich eher nicht.

Letztlich ist das so, stimmt.

Warum ist es so gerade so schön aufzubrechen und sich wieder auf den Weg zu machen?

Ich glaube Aufbruch ist immer dann schön, wenn man selbst das Gefühl hat, dass jetzt der richtige Moment ist. Wenn man es aus lebensphilosophischer Sicht betrachtet, ist Aufbruch eine Art Neuerfindung des Selbst. Wenn man sich beispielsweise die Frage stellt, wie kann ich mich weiterentwickeln? Was ist der nächste Schritt? Dann macht das unheimlich viel Spaß. Es gibt halt Momente, in denen ich auf einmal merke: „Ich will jetzt nach Barcelona ziehen.“ Vor drei oder vier Jahren hätte ich gesagt „Um Gotteswillen, das muss furchtbar anstrengend sein. Da hab ich gar keinen Bock drauf.“ Aktuell sehe ich, die Ampel steht auf grün und der Kompass zeigt nach Süden. Ich glaube das ist etwas, was man nicht steuern kann. Hartmut Rosa hat dafür einen wunderbaren Begriff gefunden: Resonanz! (Danke übrigens nochmal dafür, dass Du mir sein Buch Unverfügbarkeit empfohlen hast.)

Gerne! Das ist auch eines meiner aktuellen Favoriten. Warum ist es denn ebenfalls schön zurückzukommen?

Auch da kommt es darauf an, ob man zurück will und wohin man zurückkommt. Ich habe beispielsweise in Paderborn meine besten Freunde. Ich habe eine tolle Community mit Menschen aufgebaut, die ich liebe und bei denen ich mich sehr wohl fühle. Dementsprechend ist Paderborn für mich Heimat. Ich bin oft schon hier gestrandet nach Versuchen mich in anderen Städten oder anderen Berufen zu verwirklichen. Und gerade dann, wenn mal etwas nicht so funktioniert, wie man es sich vorgestellt hat, ist es schön zu wissen, wohin man zurückkehren kann. Wenn man so einen Ruhepol hat, kann man sich auch vielmehr trauen in die Welt zu gehen und zu sagen, ich mache jetzt Experimente mit meinem Leben.

Würdest Du Dich selbst als Philosophen bezeichnen?

Ich schreibe gerne philosophische Texte und lese gerne philosophische Bücher. Ich versuche philosophisch zu leben und interessiere mich aktuell für lebensphilosophischen Themen. Für die Frage: Was bedeutet eine Entscheidung für mich und meine nächsten Schritte? In meinen Augen muss nicht jeder Philosoph einen universitären Titel oder Abschluss haben.

Wenn man es so sieht, würde ich sagen meine Oma war die größte Philosophin – eine geborene Stoikerin. Sie war nicht im akademischen Sinne gebildet, hat nichts besessen und auf einem Bauernhof mit ein paar Hühnern gelebt. Wenn man mit ihr über den zweiten Weltkrieg gesprochen hat, war sie immer wieder erschüttert, aber ihre Perspektive war am Ende pragmatisch. Sie sagte, was sich damals ereignete war furchtbar, aber aus ihrem kleinen Dorf hatte sie leider keinen Einfluss auf das Weltgeschehen. Deshalb hat sie weiterhin ihre Aufgaben erledigt, hat die Ziegen gemolken und den Garten bestellt und Verantwortung für die Menschen übernommen, die in ihrer Umgebung waren.

Sie war schon immereine Community-Builderin. Bei ihr war ständig die Tür offen und es stand immer eine Tasse Tee, ein Bier oder etwas zu Essen auf dem Tisch. Die ganze Nachbarschaft hat sie besucht. Wenn es Probleme gab, war sie da. Wahrscheinlich hat sie kein einziges Buch in ihrem Leben gelesen. Sie war einfach in ihren Werten integer, stabil und wenn einer Sorgen hatte oder krank war, war sie die Erste, die sich an sein Bett gesetzt hat. Ich bin weit entfernt von ihrem Ideal, aber meine Oma ist für mich bis heute eine große Inspiration.

Tim Rodenbröker Creative Coding als Schule des Denkens

Wie beeinflusst Philosophie Dein Leben?

Philosophischen Ideen beeinflussen mich enorm, nicht weil ich ein konkretes Lernziel habe, sondern weil ich versuche, bestimmte Gedanken zu verinnerlichen und in mein Leben zu integrieren. Es gibt Bücher die höre oder lese ich 15 mal, um sie wirklich zu verstehen und ihr Wissen später auch im richtigen Moment griffbereit zu haben.

Und wie hilft Dir das, kreativ zu sein?

Philosophische Gedanken zu formulieren oder zu kombinieren – auch alte Gedanken in die Gegenwart zu holen – das ist ja eine hoch kreative Aufgabe. Ich habe mir einen Zettelkasten programmiert, in dem ich Gedanken miteinander kombinieren und Narrative spinnen kann. Die nutze ich später für meine Blogs. Da habe ich inzwischen knapp 2.000 Zettel eingetippt. Das ist sozusagen meine philosophisch kreative Werkbank.

Creative Coding Network

Was sind für Dich Vorbilder, wenn es um Kreativität geht?

Es gibt so viele Menschen, die in einem bestimmten Bereich ein Vorbild für mich sind. Ich würde sie vielleicht in zwei Kategorien sortieren:

Menschen, deren Arbeit ich schätze und verfolge:

  • Yoval Noah Harari und James Bridle (solche Texte schreiben können, Ideen formulieren, moderne Philosophen)
  • John Cage (Dinge Komplett anders denken)
  • Yehwan Song (Designerin/Künstlerin aus Südkorea – künstlerische Internetseiten)

Menschen, die ich persönlich kenne:

Hast Du zuletzt noch ein paar Buchempfehlungen zum Thema Kreativität?

Auf jeden Fall!

Wenn Ihr Interesse daran habt, mehr über Tim zu erfahren oder Lust darauf, gemeinsam mit ihm und seiner Community Creative Coding zu lernen, findet Ihr alle Infos auf seiner Website www.timrodenbroeker.de.


Tim Rodenbröker Creative Coding Titel

LIFE IS A DESIGN PROJECT

A conversation about creativity with graphic designer and creative coding expert Tim Rodenbröker.

As so often in recent weeks, I am standing in front of the Paderborn City Library. The double chime of the cathedral bell tells me that in a few seconds the doors will open in front of me. I stay outside anyway, waiting for Tim Rodenbröker to arrive.

It is not the first time we’ve met here. Many times in the past weeks Tim and I sat together in the public library, talked about our projects and supported each other. But today I asked him here for a different reason.

Tim is one of the most creative people I know: one of those who are not excellent in one discipline, but always discover new fields to express themselves and from each one, something new seems to emerge. Tim already played in various bands, co-founded a collective for electronic music, worked as a graphic designer and recently set up his own learning platform for creative coding. What makes Tim special is that as soon as he gets excited about something, he looks for like-minded people – online and offline – with whom he can learn and experiment together.

So who better to talk to about creativity than Tim?! In our interview, I tried to get in touch with his approach on creativity. We talked about design and philosophy, about minimalism and low-tech, about leaving and returning and – of course – about how all these things keep inspiring his day to day live.

Tim Rodenbroeker Creative Coding Experte

Dear Tim, first of all, thank you for taking the time for an interview!

Creativity is an almost inflationary term these days, and not everyone understands it in the same way. Perhaps the first thing we can do at this point is to create a common basis. What does it mean to you to be creative?

Compared to many other people, I understand the term creativity rather holistically. For me, creativity it’s a way of living. That might sound a bit strange, but basically I see my life as a design project. I don’t like the term „creative industry“. Mostly I think it is hijacked by people and institutions to put themselves in the limelight. I often have to smile about this, because quite often, creative energy is narrowed down to a tiny area: a canvas, a chord progression or a stanza in a poem. In my opinion, creativity can be found everywhere and can also be applied everywhere if you want to.

Are there moments or situations when you feel particularly creative?

I think being creative is a state that everyone can cultivate for themselves. I have more or less consciously shaped my life in such a way that I have to be creative. Creativity has basically become a permanent state.

I usually feel most creative when I’m dealing with contradictory topics. At the moment, for example, I’m preoccupied with computational creativity. Also, I’m reading a lot about philosophical currents of antiquity. You would think, the topics have nothing to do with each other. But the longer I pursue them simultaneously, the more connections I become aware of.

Tim Rodenbröker Computational Creativity

How do you achieve flow states?

Experiencing flow is rather a rarity in my work at the moment. I have been running and expanding a learning platform for creative coding for several years now. The tasks involved here often require multitasking rather than strict focus. But directed attention is the basis of flow experiences. However, one could say that I enable others to achieve flow states through my work, because creative coding is definitely a key to experiencing them.

In my private life, I get into flow more and more often – especially when writing. In recent years, I have discovered text as a medium for me. When I write down my thoughts in a journal or let other people’s thoughts from books work in my head, I definetly experience flow states.

What are typical creative disciplines you have tried and become good at?

I’ve worked a lot with music and I would say that I’ve become good at that to a certain extent. Then of course design – it’s in my blood, so to speak – because my father was a designer. And finally coding, which I combine with the other two disciplines today. But I would also include philosophy here.

How did you get into music?

I was always interested in music – even as a child. I started playing keyboard, but I really wanted to play the drums. When I was eleven, my parents actually bought me a drum kit. A short time later, I met an old friend. He told me that he had a band that was just looking for a drummer and I was right in.

When I was about 15, I discovered electronic music. For me it was completely new. There were no longer the complex coordination processes that often slowed down creativity in the band. I could simply do what I wanted and I found that absolutely brilliant at the time! I started composing and developing ideas on my own and stayed true to it for almost 20 years.

Through music, design and coding, you have many channels through which creativity can flow. Are there moments that inspire you to code and others that steer you more towards music?

I think there are always phases with me. I’m 38 now. Almost three years ago, I suddenly had no more desire for music. I didn’t want to make it or listen to it. I couldn’t control it, the interest was simply gone. This created space for new topics. Other things came into focus and suddenly I was interested in philosophy, creative coding and didactics. In recent times, writing has also been added.

Of course, music has never completely disappeared. I think I’m simply a generalist. My individual interests come and go in phases, but in the end they always flow together somehow.

So you wouldn’t say that there are things that you can only express through music, through code or with language?

I would say that I express something different with each discipline. For me, feelings flow best in music, systems and visual ideas often arise through creative coding. And thoughts flow first into texts.

Is creative coding like painting for you at this point, except that you have a keyboard instead of a paintbrush?

Not quite. With painting you can give your feelings a much more concrete form. With creative coding, you build a system that generates new ideas on its own. In the beginning, it’s a lot about surprise and chance. And the better you get, the more you can shape and direct your results.

For me, creative coding has a lot to do with the question of how we as humans will deal with technology in the future. Creative Coding gives me the opportunity to develop work that raises questions. I take on new perspectives and discover connections that were not visible to me before. Creative practice creates an awareness of how present code, data and software actually are in our everyday lives.

Would you say creative coding happens more conceptually and music more intuitively?

I would almost say creative coding is more philosophical than conceptual. Of course I can do super concrete things with it, but there was something very philosophical for me about the first years of learning. It was one of those unexpected connections I’ve already talked about: philosophy meets programming, the disciplines suddenly don’t seem so far apart and their interaction is the origin of new thoughts and ideas.

What made you decide to study design?

Studying design was primarily a biographical decision. My father had a successful design agency in the 90s. That’s how I grew up with the profession, so to speak.

There are people who claim that design is purely a sales tool. For me, this view is very abbreviated. It reduces design to a single aspect. But I think it goes far beyond simply solving a problem for a customer. My father was certainly a role model here. He also always understood design holistically. That’s why his work was shaped by many influences. In addition to design and his own business, he always painted, for example.

Design is basically a methodological box of ways of thinking. These are processes that take place in the mind: Problem-solving processes or linking processes that can lead to new perspectives and solutions. These solutions can certainly be products, but they can also be anything else.

Tim Rodenbroeker Design und Creative Coding Experte



Are there things you particularly like about being a designer and others that you don’t like at all?

It is precisely the holistic perspective on creativity that I often miss out on in the design profession and also in education. I think university is one of the few spaces where (aspiring) designers can still direct their creativity towards ideas and projects that have nothing to do with money. This freedom seems important to me, because it really invites you to broaden your view and let your attention wander. When I graduated, there seemed to be very little interest in topics beyond the commercial exploitation of what I had learned. Today, fortunately, I experience this differently and I am incredibly happy that my students have a desire to think design far beyond the service sector.

The overly strong focus of design education on the current needs in the economy annoyed me quite a bit in my Bachelor’s degree. Interpreted and lived in this way, the designer seems to me little more than a subcontractor and, in the long term, interchangeable – against artificial intelligence, for example. Of course, everyone can and should understand and live their profession the way they want. I’m simply trying to think a little further ahead I guess.

That’s why you created your own profession, one could say, right?

Exactly. Actually, I no longer work as a typical designer. I am a creative technologist, creative coder, graphic designer, entrepreneur, educator and writer. A little bit of everything. And with this colourful mixture I move in the design world. And that’s where I feel very comfortable.

So what drives you? What keeps you moving? Where does this drive to always create something new come from?

There have been relatively many moments in my life when I was quite desperate in the face of the complexity and challenges in the world. In these moments, I looked for solutions. I asked myself what I could do, what I should do with my life and, above all, where I could find meaning. The question of meaning arose for me for the first time at the age of 17 and has run through all my decisions ever since. That’s why it’s this desire to do something meaningful that drives me.

During my studies, I went through a deep crisis and had to take a semester off. At that time, I doubted my career choice and, as a design student, inevitably saw myself in an agency job at some point. That was unthinkable for me and felt absolutely pointless. During this time, I met a very devout woman by chance and talked to her about my feelings. She asked me what I wanted to become instead. My spontaneous answer was „art teacher“. I had never said it like that before. From that point on, I headed in a different direction. Today, working with people is the biggest drive for me. Connecting them with creativity in my own unique way gives me immense satisfaction.

Creative Coding grid system created by Tim Rodenbröker

So you want to share the experiences you had through Creative Coding with others?

Exactly! With my work, I want to give others tools to understand the complex world out there a little better and encourage them to make up their own minds about it. That’s why my master’s thesis was entitled Creative Coding as a School of Thought. For me, it’s about turning on the mind through programming instead of just creating graphics through code.

I also see meaning in connecting my community with each other. I love working with people, exchanging ideas with them and creating things together.

You would describe yourself as a minimalist, wouldn’t you?

Yes.

How do you live minimalism?

I like to question the paradigms of how one has to live. I don’t have a car, I ride an old bicycle, I live in a shared apartment at 38 and I don’t have many possessions at all. But I have a lot of time. I can spend a lot of time with myself and work on my ideas and issues. I am very flexible and try to consume very little. Other people are much stricter when it comes to minimalism, but that is my form of it. I like to travel light.

In a few weeks you’ll be moving from Paderborn to Barcelona for an indefinite period of time. Whether places, things, ideas or hobbies like music – how have you learned to let go?

I think I’ve always had a bit of that in me.

When my father’s company was very successful, he was desperate to get bigger. The agency grew to 30 employees in a short time and had three offices: one in Berlin, one in Magdeburg and one in Paderborn. The whole thing was incredibly stressful. And then everything collapsed because the biggest client dropped out. What happened next was an absolute disaster.

In this situation I learned that owning a lot also means being able to lose a lot. My whole family went into crisis because of this event. We had to sell our house and all the things we had become accustomed to. During this time I learned that you live more securely when you have less.

When I was about 18, I started travelling by bike. First I went to Amsterdam and the following year I went to Paris. To this day, I still go on cycling trips. Last year, for example, I cycled across the Alps. You can’t take much more on such trips than a tent, a pair of pants and a T-shirt. Besides, you are not as connected! You can disconnect from the world for a short time. That can also be minimalism. It’s also worth questioning digital dependencies and habits.

Tim Rodenbröker Fahrradreisen


Tim Rodenbröker Creative Coding on Tour

Exciting! What creates a feeling of freedom or security for you would probably mean absolute insecurity for many others, wouldn’t it?! How does this interest in minimalism and the way you live it out influence your creativity?

All my creativity – especially in my work – is based on a thought model I developed during my studies: the Magic Triangle. It’s basically a technique where you set four strict parameters – four constants that must never be changed. These constants are the frameworks of a landscape of ideas. I work with this quite a lot.

Tim Rodenbröker Design Principle

For example, during my studies in 2011 I started a project – simply because I felt like it – in which I said: ok, there are three rules. I called the tool Inge, because it was inspired by inductive design. I learned inductive design from my professor Lothar Schöneck, with whom I worked for a long time. It’s basically about going from small to big. For example, you have a tiny starting point or a severe limitation due to a narrow set of rules. And then you go from there and see what can be developed from it. In deductive design, in contrast, you have a clearly defined goal towards which you work.

The nice thing is: I’m very good at setting boundaries and imposing rules on myself that I don’t break for years. I also use the Magic Triangle today in my teaching, in the development of my platform, its philosophy, my courses, the aesthetics of the courses – everything is informed by the idea of limitation. It’s for sure a form of minimalism.

I’m also very influenced by low-tech thinking and consciously don’t use the latest technologies. Instead, I think about how I can build something so stable that it will last as long as possible.

One of the things that makes you creative is that you limit yourself, set yourself rules and don’t expose yourself to the seemingly infinite space of possibilities.

That’s how it is. This way of working has three big advantages. As soon as you are no longer floating in this huge space of ideas where anything is possible, you can use creativity much more effectively. When you work according to a set of rules, your results automatically get a recognition value. For example, if I’m in design and only work with black, white and red, circle, square and triangle, and I always use Microsoft Exel for my layouts, I end up with an aesthetic that is definitely recognisable.

Limitation is also incredibly good for learning and internalising things. We are all surrounded by possibilities and permanently in this FOMO (fear-of-missing-out) mode. As a designer, you find yourself between all these buzzwords: AI, blockchain, NFTs, React, frontend development, backend development, databases, design software, InDesign, Aftereffects, Canva, etc. – and you know it’s not possible to master all these things. As a reaction, people then often jump from one topic to the next, are incredibly stressed and don’t really get anywhere. Focusing on one topic, on one fixed space, is an incredible release from this stress cycle.

Moreover, this way of thinking and working is a kind of personality school. You learn to set rules for yourself and to be proactive. You don’t do something because a client told you to, but because you think it’s important. In this way you learn discipline, you motivate yourself and you stick to it. So I think you can develop a lot of character traits that are enormously valuable, especially in today’s world.

Can you name some of the characteristics that have developed in you as a result of this regimentation?

Proactivity is one of the most important for me. There are basically two ways of working: reactive – that’s what about 99% of people do – they want to be told what to do – and proactive – this is where people want to decide for themselves what to do and build a plan that they can work off to achieve their own goals.

As someone who cares a lot about self-actualisation, I think that’s one of the most important skills you can develop to get closer to your own goals.

How does travelling itself relate to creativity for you?

I have often been on the road by bike, but I am certainly not a frequent traveller. I also like to be at home for a while. In the last few years, I’ve really enjoyed concentrating on my immediate surroundings here in Paderborn. I’ve been working a lot, needed time to develop things and to go into myself. Being at home in a city that many consider uncool is what I find exciting. It’s about discovering the exciting and inspiring in quiet places instead of moving from input to input in big cities and almost forgetting yourself in between. But the desire to travel is currently huge again for me. I long for new input, for new contacts. That’s why I’m moving to Barcelona in some days.

Tim Rodenbröker Creative Coding Experiment Movement

Here, too, you’re talking about a form of minimalism that you can experience in Paderborn, for example, but probably not in Berlin.

That’s true.

Why is it so nice to set off and get back on the road?

I think setting out is always nice when you have the feeling that now is the right moment. If you look at it from a life-philosophical point of view, departure is a kind of reinvention of the self. For example, when you ask yourself: how can I develop myself? What is the next step? Then it’s a lot of fun. So there was a moment when I realised: „I want to move to Barcelona now.“ Three or four years ago I would have said, „For God’s sake, that must be terribly exhausting. I don’t fancy it at all.“ Currently I see the traffic light is green and the compass is pointing south. I think that’s something you can’t control. Hartmut Rosa has found a wonderful term for it: Resonance! (Thank you again, by the way, for recommending his book Unavailability to me).

You’re welcome! That’s also one of my favourites. Why is it also nice to come back?

Here, too, it depends on whether you want to go back and where you go back to. For example, I have my best friends in Paderborn. I’ve built up a great community with people I love and with whom I feel very comfortable. Accordingly, Paderborn means home to me. I have often been stranded here after trying to realise myself in other cities or other professions. And especially when something doesn’t work out the way you imagined, it’s nice to know where you can return to. When you have such a haven of peace, you can dare to go out into the world and say, „I’m going to experiment with my life.“

Would you describe yourself as a philosopher?

I like writing philosophical texts and reading philosophical books. I try to live philosophically and I am currently interested in philosophical topics. In my eyes, not every philosopher has to have a university title or degree.

If you look at it that way, I would say my grandmother was the greatest philosopher – a born stoic. She was not educated in the academic sense, owned nothing and lived on a farm with a few chickens. When you talked to her about the Second World War, she was always shaken, but her perspective was pragmatic in the end. She said what took place then was terrible, but from her small village she unfortunately had no influence on world events. So she continued to do her chores, milking the goats and tilling the garden and taking responsibility for those around her.

She has always been a community builder. Her door was always open and there was always a cup of tea, a beer or something to eat on the table. The whole neighbourhood visited her. If there was a problem, she was there. She probably never read a single book in her life. She just had integrity in her values, stability and when someone had worries or was sick, she was the first to sit by their bed. I am far from her ideal, but my grandmother is still a great inspiration for me today.

Tim Rodenbröker Creative Coding als Schule des Denkens

How does philosophy influence your life?

Philosophical ideas influence me enormously, not because I have a specific learning goal, but because I try to internalise certain thoughts and integrate them into my life. There are books that I listen to or read 15 times in order to really understand them and later have their knowledge at hand at the right moment.

And how does that help you to be creative?

Formulating or combining philosophical thoughts – even bringing old thoughts into the present – that is a highly creative task. I have programmed myself a box of notes in which I can combine thoughts and spin narratives. Later I use these for my texts. In the meantime I have typed in almost 2,000 notes. It’s my philosophically creative workbench, so to speak.

Creative Coding Network

What are role models for you when it comes to creativity?

There are so many people who are role models for me in a certain area. I would perhaps sort them into two categories:

People whose work I appreciate and follow:

  • Yoval Noah Harari and James Bridle (for being able to write such texts, formulate ideas, modern philosophers)
  • John Cage (for thinking things completely differently)
  • Yehwan Song (for creating artistic websites)

People I know personally

  • Cem Eskenazi (for his designs)
  • Monica Losada (for graphic design with completely absurd tools)
  • Martin Lorenz (for dealing with systems)
  • Kris de Decker (for his approach on low tech)

Lastly, do you have any book recommendations on creativity?

Definitely!

  • Nea Machina by Thomas & Martin Poschauko (the idea of the Magic Triangle was inspired by this)
  • On Writing by Sol Stein
  • The Notebook Principle by Söhnke Arens

If you are interested in learning more about Tim or would like to learn Creative Coding together with him and his community, you can find all the information on his website www.timrodenbroeker.de.

Larissa Lenze

Larissa bewegt sich zwischen Menschen, Marken und Medien. Als Kulturwissenschaftlerin und Marketingstrategin beobachtet sie Medien- und Zeitgeschehen und spricht mit Menschen, die es mit besonderen Impulsen bereichern.

1 Comment

  1. […] Kreativität spiegelt sich für mich eigentlich in allen Elementes des Jobs wieder. Beim Shooting kann das beispielsweise die Interaktion mit dem Fotografen sein, genauso wie das Styling, die Designs selbst oder die Wahl der Shooting-Umgebung.Auf dem Laufsteg denke ich direkt an das Setting, das speziell ausgewählte Publikum, die Inszenierung der Modenschau, die Interaktion unter den Teilnehmenden oder auch die Wahl des Laufstils. Das alles ist ein Zusammenspiel zwischen Menschen, die versuchen, eine Vision Wirklichkeit werden zu lassen. […]

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