„Geschwindigkeit ist das Spiel unserer Zeit, und daran ist nichts auszusetzen – außer, dass sie dazu neigt, Schönheit im Keim zu ersticken. Schönheit braucht Kontemplation.“ Dieser Text von Christoph Thun-Hohenstein (Generaldirektor und wissenschaftlicher Geschäftsführer Mak in Wien) leitet eines der wahrscheinlich schönsten Bücher ein, das ich in den letzten Monaten lesen durfte.
Ich entdecke ‚Beauty‘ von Stefan Sagmeister und Jessica Walsh im Museumsshop des NRWforum beim Besuch der Retrospektive des Fotokünstlers Andreas Gefeller. Inspiriert von den detailverliebten Serien des Fotografen, in denen er mit Licht und Perspektive, meinen Blick von sichtbarer Schönheit in unsichtbare Tiefen lenkt, erinnere ich mich an Hohensteins Forderung. Kontemplation scheint genau das, wozu Gefellers Bilder mich einladen.
Es sind stille Aufnahmen, Details, die den Betrachter durch ihre Schönheit anhalten und durch ihre Tiefe verweilen lassen. Dabei enthalten seine Bilder neben der ästhetischen, vor allem eine inhaltliche Dimension: Indem sie auf gesellschaftliche Themen wie Massentourismus, Klimawandel, das menschliche Verhältnis zu Natur und Technik und die Schnellebigkeit und Reizüberflutung unserer Gesellschaft verweisen, zeigen sie auch den Schmerz, der im Schönen stets zugegen scheint und vielleicht Kern der Anziehung ist, die sie auf uns als Menschen ausübt.
In ‚Beauty‘ widmen sich Sagmeister und Walsh der Idee der Schönheit. Sie stellen die Frage, was Schönheit ist und warum wir uns von ihr angezogen fühlen. Ihre Suche führt sie vom Grafikdesign, über die Kunst und das Kunsthandwerk bis zur Architektur und mündet in der Aufforderung, in der Gestaltung wieder mehr Raum für das Schöne zu schaffen. Es ist eine Sammlung aus Beobachtungen, Konzepten und Ideen, die bei weitem nicht vollständig ist, aber ein einladender Impuls für erste Gedanken und weitergehende Recherchen. Erschienen im Verlag Schmidt ist ‚Beauty‘ außerdem eine ästhetische Bereicherung jedes Bücherregals und ohne Zweifel eine Einladung zur Kontemplation.
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Larissa Lenze
Larissa bewegt sich zwischen Menschen, Marken und Medien. Als Kulturwissenschaftlerin und Marketingstrategin beobachtet sie Medien- und Zeitgeschehen und spricht mit Menschen, die es mit besonderen Impulsen bereichern.