Wochen und Monate sind vergangen, seitdem ich die Zeit das letzte Mal einfach so habe verstreichen lassen. Ich liege auf einem Berg von Kissen, in der Hand ein Buch, die Fenster weit geöffnet. Der Wind streicht durch die Vorhänge und versetzt sie in wellenartige Bewegungen.
Ich kann kaum sagen, wann der Umschwung passiert ist. Wann aus Romanen Sachbücher und aus Freizeit Arbeit wurde. Ohne Zweifel war ich immer auf gewisse Art getrieben, wollte mehr wissen, schneller lernen, neuer denken…aber die letzten Monate waren anders.
379 Seiten später fühle ich langsam die Ruhe zurückkehren. Eigentlich sollte es nur ein entspannter Start in den Tag werden, dazu ein heißer Kaffee, im Hintergrund gute Musik. 24 Stunden später weiß ich: „Gespräche mit Freunden“ war viel mehr. Ich lese den letzten Satz des Romans. Lese ihn noch einmal und halte einen weiteren Moment inne, bis ich den Buchrücken vorsichtig schließe.
Hinter mir liegt ein langer Tag. Ich reiste nach Dublin, durchstreifte Temple Bar, Trinity College und Hodges Figgis. Machte einen Abstecher nach Frankreich, genoss Wein an lauen Sommerabenden und immer wieder Gespräche mit Freunden über Macht, Kontrolle und die elementaren Fragen des Seins.
Sally Rooney hat mich daran erinnert, das eine gute Geschichte so viel mehr bewegt als trockene Fakten. Ähnlich wie ihre Protagonistin Frances versuchte ich in den letzten Monaten, die Kontrolle über etwas zu behalten, dessen Einflussnahme nicht in meiner Macht lag. Und bei all den Anforderungen, die ich plötzlich an mich und mein Handeln stellte, bei all der Leistungsbereitschaft vergaß ich für einen kurzen Moment mein eigentliches Ziel: Menschen mit guten Geschichten zu bewegen und mich selbst von guten Geschichten bewegen zu lassen.
Danke für den Weckruf!
Eine Empfehlung.