Es gibt wenige Momente, die so befriedigend und gleichzeitig so traurig sind, wie jene, in denen ich den letzten Satz einer guten Geschichte lese. Alle Geheimnisse sind gelüftet, alle Prophezeiungen eingetroffen und plötzlich liegt es in meiner Hand, ob ich mich mit dem Schließen des Buchrückens von der Geschichte verabschiede, sie wieder und wieder durchlebe oder sie fortschreibe.
„Alte Sorten“ von Ewald Arenz war eine jener Geschichten, die ich bereits von Anfang an im Geist weitergeschrieben habe. Lange Zeit im Unwissen über die Vorgeschichten der Protagonistinnen und vom Autoren nur langsam an das Geschehen herangeführt, verlor ich mich allzu oft in Spekulationen um die vorausgegangenen Ereignisse, die zumeist bereits kurze Zeit später widerlegt wurden.
Arenz’ Sprache ist, ebenso wie die von ihm beschriebenen Umgebungen und Charaktere, eher schlicht und schmucklos, was sich mit der Zeit jedoch als besondere Stärke des Romans herausgestellt hat. Einmal vertraut mit den Figuren, wollte ich kaum noch von ihrer Seite weichen. Anstatt sich in Klischees und Krankheitsbildern zu verlieren, steht im Fokus der Geschichte die langsame Entwicklung der Beziehung zwischen den beiden Frauen. Gerahmt von detailreichen Naturbeobachtungen und akzentuiert mit erinnerungswürdigen Sätzen, hat mich „Alte Sorten“ gleichsam gefesselt und zum Nachdenken angeregt. Die liebevolle Gestaltung des Taschenbuchs und das tolle Papier des Covers haben das übrige getan, um mich vollends zu überzeugen.
Ein wirklich schöner Spätsommer-Roman und eine klare Lese-Empfehlung.