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Blaue Stunden

Blaue Stunden

Ein knapp 150 Jahre altes Haus war meine Herberge für den letzten Jahreswechsel. Im Anschluss an die üblichen Traditionen des Neujahrsfestes legten sich nach Mitternacht langsam die Feierlichkeiten. Anders als erwartet sollte in dieser Nacht jedoch keine Ruhe einkehren.

Als die letzten Überreste des Silvesterfeuerwerks in Form feiner Rauchfäden den Nachthimmel entlangzogen, begann die Wilde Jagd. Der aufziehende Sturm drückte sich geräuschvoll durch jeden Riss des historischen Gemäuers und hielt das Haus und die es umgebenden Bäume und Sträucher in Aufruhr. Die Rauhnächte waren in vollem Gange.

„Es ist die Wilde Jagd, die den Menschen zwingt, die eigene Dunkelheit zu betrachten und tief hinabzusteigen zu alten Wunden.“ (Katharina Hargutt)

Zum Abschluss des letzten Jahres haben mich gleich zwei Bücher zwischen Wintersonnenwende und Neujahr begleitet. Katharina Hargutts „Magische Blaue Stunden. Streifzüge zwischen Zeit und Raum“ – eine wunderschöne Sammlung aus Gedichten, Märchen, Bildern und Erzählungen – und Katherine Ardens Roman „Der Bär und die Nachtigall“, der mich in den dunklen Wälder des alten Rus den Zauber der Welt (wieder)entdecken ließ.

Als die Nacht dem Tag wich und das erste Licht des neuen Jahres unsere Träume unterbrach, begann auch der Sturm sich langsam zu beruhigen. Doch noch ist die Jagd nicht beendet.

Larissa Lenze

Larissa bewegt sich zwischen Menschen, Marken und Medien. Als Kulturwissenschaftlerin und Marketingstrategin beobachtet sie Medien- und Zeitgeschehen und spricht mit Menschen, die es mit besonderen Impulsen bereichern.

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