Sarah Barakah und Dani König lernen sich 2016 in einem Kampfsport–Studio in Amman, der Hauptstadt von Jordanien, kennen. Kurze Zeit später führt das Schicksal die beiden Frauen in Weimar wieder zusammen. Vereint durch die Leidenschaft für Kampfsport und Frauenrechte, planen sie bundesweite Workshops. Ihr Ziel: Selbstverteidigungskurse für Mädchen und Frauen. Tief bewegt von den Geschichten, die sie auf ihrer Reise hören und motiviert durch den positiven Zuspruch ihrer Teilnehmerinnen gründen Dani und Sarah 2020 chinkilla.
2022 wagen die beiden mit ihrer #JoinOurFight Kampagne den nächsten Schritt. Am internationalen Frauentag 2022 bewegen sie deutschlandweit 25 Kampfsportstudios dazu, an diesem Tag kostenlos ihre Türen für Frauen zu öffnen.
Im Interview sprechen wir unter anderem über die Verbindung zwischen Selbstverteidigung und Frauenrechten, die lebensverändernde Wirkung von Kampfsport und die Herausforderungen, denen sich Frauen in der männlich dominierten Gründerszene gegenüber sehen.
Was hat Euch dazu bewegt, chinkilla zu gründen?
Sarah: It was actually during lockdown that we started talking about forming our own company. We wanted to make clothing because we found a gap in the martial arts market. There is a lot of pink tight short clothing for women – companies were basically taking mens products, slapping pink on it and calling it womens. So we started our own martial arts clothing brand with chinkilla.
Dani: Unsere Kleidung ist nicht Fast Fashion. Wir produzieren fast alles in Europa und in sehr niedrigen Stückzahlen – immer nach Bedarf – damit möglichst wenig Fashion Waste entsteht. 10% der Einnahmen, die wir mit der Kleidung erwirtschaften, reinvestieren wir, um kostenlose Workshops anbieten zu können.
Ihr schreibt auf Eurer Website, dass chinkilla Eure Leidenschaft für Frauenrechte und Kampfsport vereint. Wie hängen diese beiden Themen für Euch zusammen?
Dani: Wir haben beide erlebt, dass Kampfsport und Selbstverteidigung viel im Leben verändern können. Kampfsporterfahrungen stärken das Selbstbewusstsein und erhöhen das Sicherheitsgefühl. Das Ergebnis ist ein freieres, selbstbestimmteres Leben. Irgendwann spürt man diese Veränderung und bekommt Lust, auch Verantwortung für andere zu übernehmen. Das ist ein erster Schritt im Kampf für Frauenrechte. Wir kämpfen nicht nur für uns selbst, sondern für uns alle. Und je selbstbewusster das Kollektiv ist, desto schneller geht es mit den Frauenrechten voran. Deswegen sagen wir immer ‚Empowerment durch Kampfsport‘.
Wir haben mittlerweile weit über 2.000 Frauen trainiert und immer wieder erlebt, wie sehr ein gesteigertes Bewusstsein für die eigene Kraft ihr Verhalten verändern kann. Allein diese Erkenntnis bedeutet so viel. Sie ermächtigt Frauen dazu, sich selbstbewusst im öffentlichen Raum zu bewegen und ermutigt sie, schwierigen Diskussionen nicht aus dem Weg zu gehen – auch hier sehen wir die Verbindung zwischen Frauenrechten und Kampfsport.
Sarah: Representation is also an important topic. Growing up I was told not to do martial arts. My parents said it is rather something for my brothers than for me because I am a woman. First, I listened to them of course, but when I saw other women doing martial arts I realized: when she is doing it, I can do it, too. That is exactly what we’re doing today: showing other women that they can do it. Therefore we’re not just training but also coaching our classes. chinkilla is for women by women. When you come, you feel that you belong.
Eure Mission lautet ‚making the world safer by empowering women to fight back.‘ Warum müssen Frauen und Mädchen Eurer Meinung nach überhaupt erst lernen, sich zu verteidigen?
Dani: Die Frage stellen wir uns jeden Tag. Es wäre so viel einfacher, wenn das Problem an der Wurzel gepackt würde und wir uns gar nicht erst verteidigen müssten. Aber so einfach ist es leider nicht und wir haben weder Zeit, noch Lust darauf zu warten, dass die Gesellschaft sich verändert.
Es wird immer Menschen geben, die versuchen, ihre Macht gegenüber anderen auszuspielen. Deswegen zeigen wir Frauen und Mädchen, wie sie sich verteidigen können, natürlich mit dem Ziel, dass es gar nicht erst zu Konflikten kommt. 99% von dem, was wir tun, ist deshalb Präventionsarbeit. Wenn Menschen anfangen Kampfsport zu machen, ändern sich ihre Körperhaltung und ihre Körpersprache. Es ist statistisch erwiesen, dass Frauen mit selbstbewussterer Haltung weniger angegriffen werden als solche, bei denen Angreifer*innen vermuten, dass sie sich nicht wehren können.
Sarah: There is also a statistic that when women fight back, the attacker backs down. I think the specific cases that were used were potential rape – when they’d be fighting back, the attacker was 67% less likely to pursue.
Dani: Wenn wir von Gewalt an Frauen sprechen gibt es zwei verschiedene Bereiche, die uns begegnen: die Gewalt auf der Straße und die Gewalt zu Hause. Die Wahrscheinlichkeit, dass auf der Straße etwas passiert, ist viel geringer, als zu Hause. Wir hatten schon viele Opfer häuslicher Gewalt in unseren Workshops. Statistisch gesehen braucht eine Frau sieben Versuche, ehe sie einer toxischen oder gewalttätigen Beziehung entkommt. Sieben Versuche über eine ganz lange Zeit. Auch in solchen Situationen kann Kampfsport helfen, um Selbstbewusstsein aufzubauen und die Angst davor zu verlieren, was passiert, wenn man sich aus diesen Beziehungen befreit.
Es ist Teil unseres Konzepts über diese Themen zu sprechen. Wenn wir längere Workshops haben, machen wir im ersten Teil Kampfsport, damit im Kopf Barrieren abgebaut werden. Anschließend setzen wir uns zusammen, ich erzähle etwas über Selbstverteidigung und Selbstbehauptung und ein paar eigene Geschichten, die ich erlebt habe. Dann öffne ich den Raum für den Austausch. Dieser ‚Empowerment–Circle’ – wie wir ihn nennen – ist ein essentieller Teil unserer Arbeit. Es geht uns darum, mit Tabus zu brechen – in diesem Fall dem Tabu des Schweigens. Wir müssen uns als Frauen austauschen und uns gegenseitig das Gefühl geben, dass wir nicht alleine sind. Ich kenne keine Freundin, der noch nichts passiert ist. Das fängt an bei sexueller Belästigung und Cat Calling und endet bei noch übergriffigeren Erlebnissen. Wir müssen anfangen über diese Dinge zu reden und aufhören die Schuld bei uns zu suchen: ‚Mein Rock war zu kurz.‘, ‚Ich habe ihm das Gefühl gegeben, dass er das machen kann.‘ Deswegen nennen wir es Empowerment Circle, denn es geht den Mädels immer besser, wenn sie ihre Geschichte erzählen konnten und erkennen, dass es eben nicht ihre Schuld war.
Ich habe selbst noch nie einen Selbstverteidigungskurs mitgemacht. Ist es üblich, sich in Gesprächsrunden zusammenzusetzen oder ist das ein besonderes Element Eurer Workshops?
Dani: Oft werden Selbstverteidigungskurse von Männern geleitet. Die Qualität der Kurse ist völlig unabhängig vom Geschlecht – das ist nicht mein Punkt – aber es ist wahrscheinlicher, dass man sich einer Frau öffnet, beziehungsweise einer Gruppe, die ‚women only‘ ist.
Wie lange bewegt Ihr Euch schon im Kampfsportbereich und wie seid Ihr dazu gekommen?
Sarah: I started eleven years ago in a women only class. It was always my dream to do martial arts when I was a kid. But like I said I was told by my parents that this isn’t something for me. So I waited until I finally had a job and enough money to pay for my own gym subscription. It is never too late to start so I recently went from kickboxing to brazilian jiu jitsu and muay thai.
Dani: Ich habe mit Anfang zwanzig während meiner Unizeit mit Kickboxen begonnen und nebenbei Selbstverteidigung, Krav Maga und Russische Selbstverteidigungskonzepte ausprobiert. Zuletzt habe ich mit Bodenkampf angefangen – Luta Livre. Aus allen Bereichen, die wir bisher kennenlernen durften, haben wir uns dann die Elemente herausgesucht, die effizient sind und sich am besten für Anfängerinnen eignen.
Das heißt Ihr habt Euren Kurs von Anfang bis Ende selbst gebaut und ihn ganz an Euren Erfahrungen ausgemacht.
Dani: Absolut. Wir haben uns die Inhalte in den letzten vier bis fünf Jahre zusammen gesammelt. Viel ausprobiert, viel beobachtet, was am besten funktioniert und mittlerweile haben wir ein rundes Konzept, das effektiv ist.
Wie seht Ihr die Entwicklung der Frauenquote im Kampfsportbereich? Beobachtet Ihr in den letzten Jahren eine Veränderung in den Studios? Werden Frauen mutiger? Steigt das Interesse an Kampfsport?
Dani: Es werden tatsächlich immer mehr Frauen im Kampfsport. Insbesondere in den letzten zwei bis drei Jahren. Seit Sarah im September 2021 beispielsweise ihren Frauenkurs in unserem Home Gym angefangen hat, ist die Frauenquote dort explodiert. Diese Entwicklung beobachten wir mittlerweile in vielen Studios, vor allem in denen, die Frauenkurse anbieten.
Viele verstehen nicht, warum Frauen einen eigenen Kurs bekommen sollten. Wir hören oft, dass das sei doch sexistisch. Dabei geht es nicht darum, Frauen langfristig von Männern zu trennen, sondern eine niedrigschwellige Brücke für diejenigen zu bauen, die noch nie Kampfsport gemacht haben. Gerade Frauen denken häufig, sie seien nicht fit genug, gut genug oder haben Angst in gemischten Kursen verletzt zu werden.
Häufig wirkt ein Kampfsportstudio selbst auch erstmal angsteinflößend. Da kann ein Frauenkurs erstmal einen Safe Space sein, in dem man Selbstbewusstsein sammelt, um dann irgendwann in die gemischten Kurse zu gehen. Viele Gym-Besitzer*innen bringen das Argument an: ‚Meine Kurse sind doch für alle offen.‘ Das stimmt allerdings nicht ganz, denn es gibt kulturelle und religiöse Hintergründe, die dem entgegen stehen. Das ist eine sehr kontaktreiche Sportart. Man sitzt aufeinander. Man würgt sich. Man ist sich unfassbar nah. Das kommt für viele absolut nicht in Frage. Vor allem nicht für Frauen, die vielleicht traumatisiert sind.
Sarah: When I am looking for a gym, I always check if I see any girls on the pictures on their website. It really seems like a red flag if there aren’t any. It’s way more comfortable to see that there is already a female coach, some female members or even a women’s class.
Welche körperlichen und geistigen Veränderungen seht Ihr bei Euch und Euren Teilnehmer*innen durch Kampfsport und Selbstverteidigung?
Sarah: When you see the girls first strike their targets, hearing the sound of their own punch, they suddenly have that huge smile on their face because they understand ‚Wow, I did that.‘ It’s crazy but they really don’t expect they can do it. That is an immediate effect.
There are also longterm effects: at one point when you start to get good and stronger, you realize ‚I could really defend myself pretty well.‘ From that moment on, I felt much more comfortable on the streets or traveling alone. You start to trust yourself more because instead of relying on society, the environment, a male friend or a family member, you can start to rely on yourself. It’s an idea that is being planted in your head: ‚I’m strong, I can do this.‘
Dani: Ich frage bei unseren Workshops oft ‚Wer fühlt sich in seiner Stadt nachts sicher?‘ – Du würdest nicht glauben, wie wenig Hände da hochgehen. Von 20 Frauen vielleicht eine und selbst die ist am schwanken. Wenn Du nach fünf Stunden Workshop die gleiche Frage stellst, haben alle ein fettes Grinsen im Gesicht und heben stolz die Hand.
Natürlich muss man dranbleiben, es wäre illusorisch zu versprechen, dass man nach einem Workshop für den Rest seines Lebens super selbstbewusst ist. Aber dieses Gefühl von ‚Ich kann auf mich selbst aufpassen. Ich kann zurückschlagen, wenn es sein muss.‘, darauf kann man aufbauen. Das Leben ist zu kurz, um Angst davor zu haben, Nachts allein nach Hause zu gehen.
Welche Kampfsportart eignet sich besonders für Frauen/ Mädchen bzw. für Anfänger*innen?
Dani: Beim Kickboxen ist die Lernkurve meiner Ansicht nach am steilsten. Nach ein paar Wochen weiß man die Grundschläge und es fängt an richtig Spaß zu machen. Wer sagt, Selbstverteidigung ist mir besonders wichtig, dem würde ich Bodenkampf empfehlen. Aber da braucht man ein bisschen länger, bis man drin ist. Bodenkampf würde ich außerdem für Kinder oder junge Mädchen empfehlen, weil die viel schneller lernen. Und wenn ein kleines Mädchen weiß, wie es sich am Boden befreien kann, wenn es festgehalten wird, dann ist das absolut fantastisch.
Sarah: I think also muay thai is a good one to start with. In general the more modern martial arts like boxing, kickboxing and muay thai rather than karate, taekwondo, kung fu. The traditional martial arts are nice for kids maybe, but they focus a lot more on forms and art style and less on learning to be aggressive. The more modern martial arts are better for that.
Ab welchem Alter würdet Ihr Frauen und Mädchen empfehlen, mit Kampfsport zu beginnen?
Dani: Es gibt Kampfsportschulen, da kann man Kinder bereits mit 4 – 5 Jahren hinschicken. Das Training ist dann eher spielerisch, aber unterstützt natürlich trotzdem Körperhaltung und Fitnesslevel. Ich glaube im sportlichen Sinne ist dann 8 – 9 ein gutes Alter in dem man sie zum Kickboxen schicken könnte.
Und nach oben gibt es wahrscheinlich kein Alter, in dem man nicht mit Kampfsport beginnen könnte.
Sarah: Exactly. I had women age 58 starting my course and they were doing an amazing job.
Was unterrichtet Ihr in Euren Selbstverteidigungskursen? Ich habe gelesen, dass selbst Schreien etwas ist, das man üben muss.
Dani: Das ist tatsächlich ein riesiges Problem, das mir vor chinkilla nicht bewusst war. Erst in unseren Workshops habe ich gemerkt, dass über die Hälfte der Frauen nicht schreien konnte. Unter anderem lässt sich das wahrscheinlich darauf zurückführen, dass selbst unsere Generation von Frauen noch dazu erzogen wurde, wenig Aufmerksamkeit zu erregen, diplomatisch zu sein und sich eben ‚wie ein Mädchen‘ zu verhalten. Und dazu gehört nicht zu schreien und sich nicht zu raufen, wie es Jungs üblicherweise auf dem Schulhof tun. Das Thema Erziehung spielt auch in der aktuelle ‚Nein heißt Nein‘–Debatte eine große Rolle. Ebenso wie die Angst vor Konsequenzen: ‚Was passiert, wenn ich jetzt laut schreie? Wird er dann noch aggressiver? Wird er dann wütend?‘
Die eigene Stimme zu benutzen, auch wenn es nicht um Selbstverteidigung geht, ist immer von Vorteil. Sich groß machen, für andere einstehen, für sich selbst einstehen, laut zu sagen ‚Nein, ich möchte das nicht‘. Dafür muss man nicht einmal angegriffen werden, auch im Arbeitsalltag beispielsweise, wenn man unterbrochen wird laut zu sagen ‚Jetzt rede ich‘ kostet Überwindung und Mut.
Sarah: It’s also outside of self defence – in kickbxing or boxing you should make an exhale and a sound or some kind of noise with every punch and every kick. Women almost always do not want to make any sound and prefer to stay quiet because they don’t want to bring attention to themselves. Whereas the guys are literally yelling with every punch. So it is also an important part for me to get them past that shyness, get them to come a little bit out of their shell, make noise, be loud and not give a shit.
Mit welchem ‚Learning‘ sollte jede Teilnehmerin Eure Selbstverteidigungskurse verlassen?
Dani: Das wichtigste Learning für mich ist zu erkennen, dass sie viel stärker sind, als sie glauben. Nicht nur körperlich, sondern auch mental. Dass sie keine Angst haben müssen und nicht alleine sind. Und für die Mädels, die schon ein bisschen weiter sind finde ich es immer schön, wenn sie erkennen, dass wir alle nicht nur für uns selbst verantwortlich sind, sondern auch für andere Frauen – vor allem die, die nach uns kommen. Die nächste Generation sollte sich nicht mehr mit den Problemen herumschlagen, die wir gerade haben. Insbesondere das ’sich für andere stark machen‘ finde ich super wichtig für unsere Gesellschaft – vor allem unter Frauen. Ellbogen unter Frauen haben nur einen Platz, wenn man sich in einem Thaibox-Kurs befindet. Ich habt da null Verständnis für. Wenn wir uns alle unterstützen – women supporting women – kann es für uns alle viel entspannter und viel schöner werden.
Sarah: For me the goal is not to overload them with too much information and details but really give them the basics of how to punch, how to kick together with a few good tools that they can use. We always talk of the ‚toolbox‘: you learn specific techniques and store them for later when you need them – in self defence or even from a sports perspective.
Warum kann der eigene Körper eine bessere Waffe sein als ein Pfefferspray?
Dani: Wir sind absolute Verfechterinnen von waffenloser Selbstbehauptung aus ganz einfachen Gründen: erstens ist eine Waffe immer eine Waffe – egal ob Pfefferspray, Messer oder irgendwelche Schlagstöcke im Mini–Format für die Handtasche. All das kann Dir weggenommen und – noch schlimmer – gegen Dich verwendet werden. Das ist extrem gefährlich. Außerdem mache ich mich mit Pfefferspray – wenn der Wind schlecht steht – selbst schnell zum Opfer.
Es gibt dieses Schlüssel–Mystherium: Frauen wird seit Jahrzehnten gesagt, sie sollen ihre Schlüssel zwischen die Finger nehmen und sich damit wehren, wenn es zu einem Übergriff kommt. Dabei sind die wenigsten Frauen in der Lage, jemandem einen Schlüssel in die Brust oder die Augen zu rammen, weil sie gar nicht zu so viel Aggression fähig sind – vor allem nicht ohne Training. Jemandem einen Schlüssel in die Brust zu rammen erfordert so viel Kraft, dass man wahrscheinlich eher sich selbst verletzt. Das heißt, im Endeffekt hast Du die Hand voll, kannst deshalb nicht zuschlagen und verlierst vielleicht auch noch Deinen Schlüssel, der Dein Zugang zu einer sicheren Zuflucht wäre.
Eine Waffe bei sich tragen heißt auch, mental bereit zu sein, sie zu benutzen. Deswegen weg mit Schlüsseln, Messern, Schlagstöcken und Pfeffersprays. Wir sagen immer: wenn ihr den Schlüssel in der Tasche lasst, habt ihr wenigstens zwei freie Hände. Das einzige, was ich tatsächlich hilfreich finde, ist ein Taschenalarm, der einen engen Kontakt oder direkt die Polizei alarmiert und ein GPS Signal versendet.
Sarah: I would also say less is more. You can never guarantee that you have either your bag or something with you when something happenes. I’m able to use my body to protect myself in a worse case szenario.
Bezieht Ihr auch Männer in Eure Arbeit ein?
Dani: Absolut. Einige der größten Unterstützer von chinkilla sind Männer, die uns als Mentoren, Gym–Besitzer und Trainingspartner zur Seite stehen. Männer sind unsere Alliierten und nur beim Sparring unsere Gegner, deswegen ist die Konversation mit Männern ein zentraler Teil unserer Arbeit.
Wir haben viele Trainings mit Kampfsportlern veranstaltet, die in kontrollierten Szenarien unsere Mädels angreifen sollten. Gerade von unseren zweitägigen Workshops war das ein großer Teil: Women only für 1,5 Tage und der letzte halbe Tag war dazu da, das Gelernte auszuprobieren. Die Männer greifen dann in bestimmten Rollen die Mädels an. Das ist immer sehr intensiv und emotional, aber super wirkungsvoll, weil es Stress auslöst und wir lernen als Menschen nur durch Stress oder unfassbar viele Wiederholungen. In diesen Situationen erleben die Teilnehmerinnen dann, in welchen Zustand ihr Körper wechselt: Fight, Flight oder Freeze. Kämpfen, Flucht oder Einfrieren. Das Einfrieren, diese Schockstarre, passiert den meisten und das wollen wir vermeiden durch intensives Training.
Nach einem Workshop reflektierten die Kampfsportler, die uns im Szenariotraining unterstützt haben, sogar ihre eigenen Verhaltensweisen. Sie meinten ‚Wir wussten gar nicht, wie schwer das für die Mädels ist und dass es manchen von Euch Angst macht, wenn wir Euch an der Tankstelle hinterher pfeiffen‘. Durch die Kurse haben sie angefangen ihr eigenes Verhalten in Frage zu stellen. Das ist einer der wichtigsten Schritte, die man machen kann, damit Männer auch untereinander anfangen zu sagen ‚Das ist inakzeptabel, lass es doch einfach.’
Was war das schönste Teilnehmerinnnen-Feedback, das Ihr bisher bekommen habt?
Sarah: I think we don’t realize how much of an impact our work has on some women. Some of them are just waiting for this opportunity. They say ‚I was always looking for something exactly like this.‘ That is always a relief to hear, because it always gives us the feeling, that what we’re doing is worth it. For me also experiencing how some of the girls have grown is very special. Seeing them go from no experience to what they are doing now is feedback on its own. Watching this progress is amazing.
Dani: Wir lieben es einfach Erinnerungen zu kreieren – für unsere Teilnehmerinnen genauso wie für unsere Trainerinnen. Das sind Erinnerungen, die tragen wir unser ganzes Leben lang mit uns. Wir verbinden uns auf unseren Events mit Frauen, die wir sonst nie getroffen hätten auf einem Level, das sehr tief ist. Das ist ganz besonders. Wie sagt man so schön: when women come together magic happens.
Wie beeinflussen Eure Erfahrungen aus dem Kampfsport Eure Rolle und Euer Verhalten als Gründerinnen?
Dani: Auch die Gründerszene ist überwiegend männlich dominiert. Hier hat mir das Selbstbewusstsein, dass ich durch den Kampfsport bekommen habe, sehr geholfen. Vorher war ich eher schüchtern und introvertiert. Heute betrete ich einen Raum voller Männer – sei es bei einem Pitch oder einer Netzwerk–Veranstaltung – und kann klar sagen, was ich vorhabe und was ich dafür brauche. Als Gründer*in braucht man Partnerschaften und ich gebe die Credits zu fast 100% dem Kampfsport, dass ich überhaupt in der Lage bin, auf Fremde zuzugehen und zu sagen ‚Wir sind chinkilla, wir brauchen Support, lasst uns über Business reden.’
Sarah: In general starting up is hard and its about endurance and stamina and staying in the fight even though you’re tired and exhausted and you just want to earn some damn money. But when you know what you want, you keep fighting because in the end it’s going to be worth it.
Wie war es für Euch, Eure Leidenschaft zum Beruf zu machen?
Dani: Ich bin seit meinem Masterabschluss selbstständig, für mich war Leidenschaft also schon immer Beruf. Ich mache nur, was mich glücklich macht – es ist für mich keine Option in einem Job, den ich nicht mag den Rest meines Lebens zu verbringen. Für mich war immer der Anspruch, dass ich mein Leben mit etwas verbringe, das mich ausfüllt.
Sarah: I was really afraid, because before chinkilla, I worked a 9 to 5 job and did the fun things after. So I was a little bit worried if the passion will stop feeling like passion once it becomes a job – thankfully it wasn’t so. I still enjoy it very much and it’s creazy sometimes to stop and think ‚I’m doing what I love for living.‘
Of course it is not as easy as having money come in every month and its somebody elses problem, where this money comes from – but then I hear and see things in my environment like friends who stop and ask themselves ‚What am I doing with my life?’ or ‚What purpose does this company give to the world?‘ I consider myself really lucky that I have found a job that gives me the answers to these questions.
Wie geht es weiter mit chinkilla?
Dani: Wir haben uns im letzten Jahr gefragt, wie wir noch mehr Frauen erreichen können und kamen auf die Idee, Kampfsportstudios in ganz Deutschland dazu einzuladen, am Internationalen Frauentag kostenfrei ihre Türen für Mädchen und Frauen zu öffnen. Das ist eine absolute Win-Win Situation: jedes Studio sucht nach neuen Mitgliedern und viele sagen, sie möchten vor allem Frauen begeistern. Für dieses Jahr haben wir ca. 50 Kampfsportstudios die bei unserer #JoinOurFight–Aktion mitmachen.
Unsere längerfristige Vision ist zu wachsen und unsere Community zu vergrößern. Wir würden gerne Trainerinnen ausbilden und mit chinkilla ein solides Unternehmen schaffen, das etwas Gutes für die Welt tut.
Vielen Dank für dieses spannende Interview. Wer mehr über die aktuelle #JoinOurFight Kampagne zum Weltfrauentag 2023 erfahren möchte, findet alle Infos auf der chinkilla Website oder auf Instagram.