Die Sonne spiegelt sich in den gläsernen Kaufhausfassaden der Innenstadt, als ich über die Rolltreppe die Düsseldorfer U-Bahn verlasse. Ein Freund aus Aachen ist zu Besuch und ich bin auf dem Weg zu unserem üblichen Treffpunkt: Dem Bücherschrank am Kö-Bogen.
Das Schauspielhaus zur Rechten und die Einkaufsstraße zur Linken, folge ich ein paar Meter den Straßenbahnschienen, bis sich vor mir der Hofgarten ausbreitet. Es ist ein Frühlingstag, wie er im Buche steht. Die Düssel plätschert ruhig vor sich hin und kleine Wolken aus Kirschblüten tanzen im weichen Morgenlicht um ein paar quakende Enten.
Mein Besuch erwartet mich schon und sitzt gleich vor dem Bücherschrank auf den zum Wasser ausgerichteten Stufen. Den Kopf nach unten geneigt, blättert er interessiert durch ein unscheinbares Magazin, anstatt das kitschig-schöne Schauspiel rund herum zu bewundern.
Erinnerungen an die Schulzeit
Als wir uns begrüßen erzählt er mir überschwinglich, was seine Aufmerksamkeit so gebannt hat. Während seiner Wartezeit am Aachener Bahnhof ist ihm das Kursheft der lokalen vhs Aachen in die Hände gefallen. Seit meiner Schulzeit habe ich keine vhs mehr von innen gesehen. Ich erinnere mich, dass ich damals sehnlichst das Erscheinen der neuen Kurshefte erwartet habe und sofort die Kleinstadt-Buchhandlung aufsuchte, wenn sie ausgeliefert wurden. Nicht, dass ich jemals um einen Grund verlegen war, um dort aufzutauchen.
Der Wind verblättert die dünnen Seiten und zieht meinen Blick auf das Angebot. Früher besuchte ich Gitarren- und Spanisch-, Fotografie- und Zeichenkurse. Heute gibt es kostenfreie Online-Vorträge zu aktuellen Debatten über Frauenrechte, Nachhaltigkeit, Weltbürgerlichkeit und Kunst. Mein Interesse ist geweckt.
Eine kurze Geschichte der deutschen Volkshochschule
Die Geschichte der deutschen Volkshochschule geht zurück bis ins 19. Jahrhundert. Beeinflusst von Ideen aus Dänemark und England, untermauert vom Gedankengut der Aufklärung und verstärkt durch die gescheiterte Revolution Mitte des Jahrhunderts, zeigte sich der zunehmende Wunsch des Volkes nach Bildung im Entstehen von Lesegesellschaften, Volksbibliotheken, Bildungsvereinen und schließlich der Volksbildungsbewegung, aus der die heutigen Volkshochschulen hervorgegangen sind.
Die ersten deutschen Volkshochschulen entstanden nach dem Ende des 1. Weltkriegs. Angelehnt an das dänische Vorbild sollte Bildung in der Mitte der Gesellschaft ankommen, sodass mündige Bürger die Ideale von Freiheit und Demokratie stärken und verteidigen konnten. Neben handwerklichen, alltäglichen und berufsrelevanten Fähigkeiten lernten die Menschen, sich Inhalte anzueignen und kritisch zu hinterfragen. Ganz nach dem bis heute bestehenden Leitspruch Bildung für alle.
Die Idee des lebenslangen Lernens
Ungläubig sitze ich minutenlang still da und blättere beeindruckt durch das Kursheft. Das Angebot der vhs Aachen holt nicht nur Kulturliebhaber, Yogis und Reisebegeisterte ab, sondern enthält auch Kurse zu aktuellen Do-it-yourself-Trends, Geschichte, Philosophie und politischer Bildung. Ich frage mich, warum ich erst nach so vielen Jahren wieder ein vhs Kursprogramm in der Hand halte.
Das Ideal des lebenslangen Lernens ist für Generationen, die mit dem Internet und dem damit einhergehenden rapiden technologischen Wandel aufgewachsen sind, keine Fremdheit. Wir leben in einer Zeit, in der Online-Weiterbildungsangebote aus dem Boden schießen wie Fitnessstudioketten und Life-Coaches mit zielgenauen Angeboten hinter jeder Instagram-Story auf uns lauern. Und das sicher nicht ohne Grund. Es fehlt an Ordnung im unendlichen Wissen und Nichtwissen des World Wide Web und auch die stetig wachsende Vielfalt an On- und Offline-Möglichkeiten raubt uns langsam aber sicher den Verstand. Und so ist es keine Seltenheit, dass das, was uns im einen Moment verlockt, schon mit dem nächsten Werbebanner wieder in Vergessenheit geraten ist.
Raus aus der Bubble
Natürlich ist auch das Angebot der vhs vielfältig. Zum Glück! Doch es ist gleichzeitig begrenzt. Und das nicht nur durch den farbenfrohen Umschlag des Kursheftes, sondern vor allem durch die lokale Ausrichtung der Volkshochschulen, die sich mit ihrem Angebot den Bedürfnissen und Wünschen der Menschen in ihrer Region anpassen.
Ein weiterer Vorteil: Der vorwiegende Präsenzunterricht der vhs Kurse macht die Teilnahme nicht nur zu einem echten Commitment, sondern Lernen endlich wieder zum gemeinschaftlichen Erlebnis. So bietet sich die Chance, neue Menschen kennenzulernen und, durch die gesellschaftlich breite Aufstellung der Teilnehmenden, die eigene „Bubble“ endlich mal wieder zu verlassen.
Als ich der davonfahrenden Bahn hinterherschaue, bin ich nicht nur um die Erinnerung an einen wundereschönen Tag reicher. In meiner Notiz-App befindet sich eine Liste aller Termine zur „Onlinereihe Kunst und Kultur“ sowie der Link zum digitalen Wissenschaftprogramm der vhs Aachen. Auf dem Rückweg hole ich mir am Bahnhofskiosk außerdem das aktuelle Kursprogramm der Düsseldorfer vhs.
Es ist nie zu spät, etwas Neues zu lernen.
Anzeige/ entstanden in Zusammenarbeit mit der vhs Aachen.