Anfang März verbrachte ich einige Tage in Weimar. An meiner Seite war Luise Schilling, eine Bauhausstudentin, die mich in die Wirren der frühen 20er Jahre mitnahm.
Die junge Studentin Luise beginnt ihre Ausbildung am Weimarer Bauhaus und knüpft erste Kontakte mit den sogenannten Itten-Jüngern, einer Gruppe von Studenten, die sich den Lehren des Bauhaus Meisters Johannes Itten verschrieben hat. Luise erkennt schnell, dass die auf dem Mazdaznan basierenden Ansichten des Meisters weit über die schlichte Ausübung des beruflichen Handwerks hinausgehen und ist sich unsicher, was sie von der mysteriösen Studentenverbindung halten soll. Doch der schöne Jakob zieht sie immer weiter in die Paktiken und Routinen aus Teebereitung, Körperertüchtigung, Ernährung und Meditation hinein, die ihre Weg am Bauhaus fortan beeinflussen.
Eine zweite Passage des Romans ereignet sich wenige Jahre später in Dessau. Nach dem Tod ihres Vaters entscheidet sich Luise, die Ausbildung am Bauhaus weiterzuführen und endlich ihrer Leidenschaft für Architektur nachzugehen. Nun ist es der liebevolle, feierwütige Hermann, der ihre Aufmerksamkeit bannt und ihr Ziel im Rausch der Nächte verschwimmen lässt.
Stets im Kreise dominanter Männerfiguren, lässt sich Luise unbedarft durch das Geschehen der 20er Jahre treiben, bis sie irgendwann bemerkt, dass es nicht die elterlichen Ideale von Keuschheit und Heirat sind, gegen die sie zu kämpfen hat, sondern die Männer, die ihr berufliches wie privates Fortkommen immer wieder verhindern.
Trotz aller historischer und politischer Kontexte bleibt Blaupause von Theresia Enzensberger eine leichte Lektüre, die eine wunderbare Untermalung meines Aufenthals in Weimar gewesen ist. Durch die Geschichte sah ich bei meinem Besuch des heute zerstörten Tempelherrenhauses die Itten-Jünger im nächtlichen Kerzenschein meditieren und danach gemeinsam in der eiskalten Ilm baden. Auch das Bauhaus Museum mit seinen zahlreichen Relikten aus den ersten Jahren faszinierte mich durch das erzählerische Echo des Buches noch mehr und untermalte Kulissen und Ereignisse des Romans mit historischen Bildern und Dokumenten.
Ohnehin gerne im Geiste der frühen 20er Jahre unterwegs, hat mich Enzensbergers Roman gut unterhalten und nicht selten zum Nachdenken über das Frausein damals und heute gebracht. Vor allem aber konnte Blaupause seine besondere Wirkung durch die zeitgleiche Reise an die Schauplätze des halb-fiktiven Geschehens entfalten. Gerade in der Kombination kann ich das Buch wie auch den Ausflug nach Weimar jedem wärmstens ans Herz legen.